aufgrund der Corona-Pandemie befinden sich die meisten Mitarbeiter*innen der EPN Hessen-Geschäftsstelle aus Gründen der Prävention und des Gesundheitsschutzes zur Zeit im Homeoffice. Persönliche Termine können zur Zeit nicht stattfinden. Bitte kontaktieren Sie uns bis auf Weiteres zuerst per E-Mail. Wir bemühen uns, Ihre Anfragen zeitnah zu beantworten, bitten aber um Ihr Verständnis, sollte es im Einzelfall etwas länger dauern.
Beste Grüße & bleiben Sie gesund!
Das Geschäftsstellen-Team
Februar 2021
EPN Hessen-Newsletter 01/2021
Aus dem Inhalt:
Aktuelle EPN Hessen-Kooperationsveranstaltungen * Brot und Rosen – für Alle*! Geschlechtergerechtigkeit in globalen Lieferketten (08.03.) * Save the Date: Online-Vernetzungstreffen hessischer Fairtrade-Kommunen und -Kreise (25.03.) * Aus dem Netzwerk * Christliche Initiative Internationales Lernen (CIL) e.V. verabschiedet sich * Masifunde für die Ohren: neuer Podcast „Global Gedacht!” * Weltladen Dachverband: Materialien für eine erfolgreiche Online-Zusammenarbeit * Sfd: Start der neuen Fortbildung der Vielfaltsbotschafter:innen * Rhein.Main.Fair e.V. lädt zum virtuellen Vernetzungstreffen ein! * Beteiligungsaufruf: Hessenweite Kampagne zur Fashion Revolution Week 2021 * Menschenrechte und Umweltstandards in Lieferketten – prallen weiterhin am Wirtschaftsministerium ab * Materialien * Mitmachen: Kampagnen, Wettbewerbe & Ausschreibungen * Terminlese
Der Newsletter informiert über Aktivitäten im Netzwerk, entwicklungspolitische Neuigkeiten, neue Bildungsmaterialien, aktuelle Mitmach-Aktionen und Veranstaltungen. Am besten gleich abonnieren!
EINLADUNG zur Bewerbung um die Trägerschaft einer Eine Welt-Promotor:innen-Stelle zu Migration, Diaspora und Partizipation in Hessen
Das Entwicklungspolitische Netzwerk Hessen (EPN Hessen) sucht zum 01.04.2021 einen migrantisch-diasporischen Verein als Anstellungsträger der Fachpromotion zu Migration, Diaspora und Partizipation. Die Stelle ist aktuell noch bei dem Programmträger und damit in der Geschäftsstelle des Landesnetzwerks angesiedelt, soll aber im Sinne der Stärkung migrantisch-diaporischer Selbstorganisation baldmöglichst an einen entsprechenden Verein übergehen. Dieser kann vorübergehend, so gewünscht und erforderlich, für die Administration und Personalverwaltung der Stelle auf die Unterstützung des EPN Hessen zählen.
Die Ausschreibung der Anstellungsträgerschaft ist im konkreten Falle bis Ende des jetzigen Programmzyklus 2019-2021 verbindlich an die Weiterbeschäftigung des jetzigen Fachpromotors für Migration, Diaspora und Partizipation mit einem Stellenumfang von 70% geknüpft. Für den nächsten Programmzyklus (2022-2024) kann die Stelle neu ausgeschrieben werden.
Vereine/Organisationen, die Anstellungsträger für die Stelle der Fachpromotion für Migration, Diaspora und Partizipation werden möchten, werden gebeten, eine Bewerbung einzureichen, die folgende Informationen enthält:
Informationen zum Verein und seinen Aktivitäten (z.B. Jahresbericht, Satzung, Webseite, beispielhafte Veranstaltungen, o.ä.)
den aktuellen Vereinsregisterauszug und Freistellungsbescheid (Nachweis der Gemeinnützigkeit)
Bitte senden Sie Ihre Bewerbung bis spätestens 31. Januar 2021 digital an: Andrea Jung (Programmkoordination): andrea.jung[at]epn-hessen.de
Das Auswahlgremium setzt sich zusammen aus dem Vorstand des Programmträgers sowie der Programmkoordination. Die Entscheidung soll bis zum 15. Februar 2021 gefällt werden. Mit dem neuen Anstellungsträger wird ein Kooperationsvertrag abgeschlossen.
Hier gibt es ausführlichere Infos (PDF-Datei) zur Bewerbung um die Trägerschaft einer Eine Welt-Promotor:innen-Stelle zu Migration, Diaspora und Partizipation in Hessen
Neuauflage der Broschüre „Globales Lernen in Hessen“
An alle Bildungsaktive in Hessen: Seid dabei!
EPN Hessen macht sich an die Neuauflage der Broschüre „Globales Lernen in Hessen. Aktuelle Angebote, Debatten und Herausforderungen“ (Arbeitstitel), in der erneut Bildungsangebote aus ganz Hessen rund ums Globale Lernen und BNE veröffentlicht werden sollen. Das funktioniert natürlich nur mit Ihrer/eurer Beteiligung, zu der wir Sie/euch hiermit herzlich einladen möchten.
2011 konnten wir mit Ihrer/eurer Beteiligung die erste Broschüre zu aktuellen Debatten und Bildungsangeboten des Globalen Lernens in Hessen veröffentlichen. Die neue Broschüre soll Impulse setzen um die gemeinsamen Diskussionen u.a. zu Themen wie Rahmenbedingungen für Globales Lernen innerhalb der Schulbildung, Globales Lernen und Diversität, Transformative Bildung, Globales Lernen und Geschlechterverhältnisse anzustoßen bzw. zu vertiefen. Außerdem möchten wir den Austausch und die notwendigen Abstimmungsprozesse zwischen Akteur*innen, Institutionen und Organisationen der schulischen wie außerschulischen Bildungsarbeit (Globales Lernen und BNE) befördern.
Unser wichtigstes Anliegen bleibt es weiterhin, die vielfältigen, spannenden und methodisch innovativen Angebote zu Globalem Lernen und BNE in Hessen gebündelt und übersichtlich aufzubereiten und in ihrer Breite sichtbar zu machen.
Veranstalter:innen: Regionales Bündnis für ein Lieferkettengesetz
Bistum Fulda, Referat Weltkirche, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Hessen, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) Bezirk Hessen-Thüringen, Eine Welt Verein Dieburg e.V., Entwicklungspolitisches Netzwerk Hessen e.V., Katholische Akademie Rabanus Maurus im Haus am Dom, Oikocredit Förderkreis Hessen-Pfalz e.V., Pfarrstelle Gesellschaftliche Verantwortung beim Evangelischen Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach, Sozialer Friedensdienst Kassel e.V., ver.di Landesbezirk Hessen, Weltläden in Hessen e.V., Weltladen Darmstadt/ Solidarisch handeln e.V., Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN, Zentrum Oekumene der EKHN und EKKW.
Veranstalter:innen: Fairtrade-Kreis Offenbach, die Eine Welt-Promotorin für Fairen Handel und nachhaltige Beschaffung des Entwicklungspolitischen Netzwerk Hessen (EPN Hessen) und TransFair e.V.
Menschenrechte und Umweltstandards in Lieferketten – prallen weiterhin am Wirtschaftsministerium ab
Können wir es der deutschen Wirtschaft in der aktuellen Wirtschaftskrise zumuten, die Profite in eigenen Produktions-, Liefer- und Dienstleistungsketten durch weniger Ausbeutung von Mensch und Natur zu schmälern? Wir finden: JA!
Die ökonomischen und sozialen Auswirkungen der Pandemie sind dort, wo es weder staatliche Grundsicherung, Hilfspakete oder Kurzarbeitergeld noch funktionsfähige Gesundheitssysteme gibt, noch gravierender und existentieller als hierzulande. Zum Beispiel, weil die Menschen nicht in geregelten Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind und angesichts des Einbruchs in der Textilindustrie von einem auf den anderen Tag auf die Straße gesetzt werden konnten. Weil sie sich nicht gewerkschaftlich organisieren können, um dagegen vorzugehen, dass sie ohne Masken und AHA-Maßnahmen in der Fabrikhalle stehen und sich dort massenhaft mit dem Virus anstecken müssen. Weil sie auch ohne Pandemie täglich auf Trinkwasser aus chemisch verseuchten Flüssen angewiesen sind und daran erkranken. Weil sie ihre Gesundheit und Zukunft ruinieren, wenn sie in Palmölplantagen tödlichen Pestiziden ausgesetzt sind, die hier vor Ort schon längst verboten sind.
Hier ließen sich noch unzählige Beispiele anführen, die erklären, warum die Initiative Lieferkettengesetz nicht nur trotz, sondern gerade auch wegen der verheerenden Auswirkungen durch die globale Corona-Pandemie weiterhin vehement dafür eintritt, dass endlich auch die wirtschaftsstarke Bundesrepublik Deutschland ihren staatlichen Pflichten zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt in ihren Wirtschafts- und Handelsbeziehungen konsequent nachkommt.
Rückenwind erhielt die Initiative zuletzt durch eine Erklärung von 70 Wirtschaftswissenschaftler:innen, in der diese Mitte Januar mit deutlichen Worten die Notwendigkeit regulierter und nachhaltiger Lieferketten unterstrichen und entsprechende rechtliche Regelungen forderten. Und auch der Rechtsausschuss des Europaparlaments stimmte am 26. Januar nahezu einstimmig für ein europäisches Lieferkettengesetz.
Das Thema geht auch die Bundesländer an. Das Land Hessen etwa folgte einer entsprechenden Empfehlung des „Beirats Entwicklungszusammenarbeit der Hessischen Landesregierung“, machte sich im Rahmen der Wirtschaftsministerkonferenz Ende Dezember für die baldige Unterzeichnung des sogenannten „Sorgfaltspflichtengesetzes“ stark und hat angekündigt, notfalls im Bundesrat eine Initiative für ein Lieferkettengesetz einzubringen.
Während das Bundesarbeitsministerium und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sich für die Umsetzung der UN Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte durch ein deutsches Sorgfaltspflichtengesetz einsetzen, blockiert das Wirtschaftsministerium den begonnen Prozess mit immer neuen Argumenten. Hier darf es aber weder weitere Blockaden noch faule Kompromisse geben, in denen die zivilrechtliche Haftung von Unternehmen wieder ausgehöhlt wird.
Auf der bundesweiten Seite der Initiative findet sich deshalb eine aktuelle Petition, die Minister Altmaier dazu auffordert, die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag und dem CDU-Parteitagsbeschluss einzuhalten und ein wirksames Lieferkettengesetz auf den Weg zu bringen. Unterzeichnen können Sie hier.
Eines muss allen Beteiligten klar sein: Tiefgreifende Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechten, Umwelt und Klima lassen sich vielleicht immer weiter bis nach der Bundestagswahl verschieben. Verdrängen lassen sie sich nicht mehr – und das sehen auch immer größere Teile der hiesigen Bevölkerung so.
Hessische Initiative Lieferkettengesetz fordert Landesregierung zu weiteren Schritten auf
Am 27.11.2020 forderte die hessische Steuerungsgruppe des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Initiative Lieferkettengesetz“ in einer Pressemitteilung an die hessische Landesregierung weitere Schritte zu ergreifen, damit deutsche Unternehmen auch im Ausland Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden.
Der Entwicklungspolitische Beirat der hessischen Landesregierung hatte sich im Oktober klar für ein Sorgfaltspflichtengesetz auf Bundesebene ausgesprochen. EPN Hessen, das den Vorsitz des Landesbeirats innehat, setzt sich darüber auch gemeinsam mit zahlreichen weiteren zivilgesellschaftlichen Akteur*innen im Rahmen der Kampagne „Lieferkettengesetz“ ein. Andrea Jung, Koordinatorin beim EPN Hessen, erläutert die Position der Steuerungsgruppe: „Wir sehen hier nicht nur die Bundesregierung in der Pflicht. Auch auf Landesebene gibt es zahlreiche Möglichkeiten, eine verantwortungsvolle Haltung in Bezug auf globale Lieferketten zu fördern.“
Die Steuergruppe erwartet konkrete Maßnahmen in Feldern wie der öffentlichen Beschaffung, der Wirtschaftsförderung oder der Landesbeteiligung an Unternehmen. Die hessische Initiative Lieferkettengesetz fordert:
dass die Landesregierung im Bundesrat Beschlüsse und Verfahren anstrebt, die ein wirksames Sorgfaltspflichtengesetz befördern.
dass die Landesregierung Informations-, Beratungs-, und Förderangebote schafft bzw. ausbaut, um Unternehmen bei der Umsetzung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten zu unterstützen.
In Hessen wird die Initiative Lieferkettengesetz unter anderem getragen vom EPN Hessen, dem Deutschen Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen, der Gewerkschaft ver.di Landesbezirk Hessen, dem BUND Hessen, Weltläden in Hessen e.V., den katholischen Bistümern in Hessen, der Katholischen Akademie Rabanus Maurus, dem Zentrum Oekumene und der Pfarrstelle Gesellschaftliche Verantwortung beim Evangelischen Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach sowie weiteren zivilgesellschaftlichen Organisation.
Mitmach-Aktion Lieferkettengesetz – Schluss mit der Blockadehaltung, Herr Altmaier!
Ein Gesetz, das Unternehmen verpflichtet, Menschenrechte und Umweltstandards in ihren globalen Lieferketten zu achten – in greifbarer Nähe und doch zäher als gedacht. Es gibt breite Unterstützung für ein Lieferkettengesetz und gleichzeitig großen Widerstand dagegen. Vor allem einer blockiert: Wirtschaftsminister Altmaier. Eine Möglichkeit, wie Sie aktiv werden können: Nehmen Sie teil an der Email- oder Postkartenaktion, um ihn aufzufordern, einem wirksamen Lieferkettengesetz nicht länger im Weg zu stehen.
Die Unterstützung für das Anliegen des Bündnisses „Initiative Lieferkettengesetz“ wächst und wächst, das zeigen nicht nur 222.222 Unterschriften für die Petition und zahlreiche Bekenntnisse für eine gesetzliche Regelung menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Eine repräsentative Umfrage von infratest dimap offenbarte nun, wie hoch die Zustimmung in der Bevölkerung ist: 91 % finden, dass die Politik dafür sorgen muss, dass deutsche Unternehmen bei ihren Auslandsgeschäften Menschenrechte achten. Und 75 % der Bevölkerung unterstützen ein Lieferkettengesetz. Das sind eindeutige Zahlen.
Wo steht das Thema im politischen Prozess? Mittlerweile ist klar, dass es ein Sorgfaltspflichtengesetz geben soll – so wurde es im Koalitionsvertrag vereinbart und im Juli sprach sich auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel für ein deutsches Lieferkettengesetz aus. Nun sollen Arbeits-, Entwicklungs- und Wirtschaftsministerium gemeinsame Eckpunkte für ein Sorgfaltspflichtengesetz erarbeiten. Doch die Vorstellung der Eckpunkte im Bundes-Kabinett wurde wiederholt verschoben, weil sich die Ministerien noch nicht einigen konnten.
Dies liegt vor allem an den Forderungen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Ein Gesetz, wie es ihm vorschwebt, wäre in der Praxis quasi wirkungslos. Er schlägt vor, dass das Lieferkettengesetz nur für Unternehmen ab 5.000 Mitarbeitenden gelten soll. Damit würde es in Deutschland gerade einmal 280 Unternehmen erfassen. Der Minister möchte außerdem ein Gesetz ohne Haftungsregelung – Geschädigte könnten dann keine Gerechtigkeit einfordern und das Gesetz verkäme zur Farce.
Für ein starkes und weitreichendes Gesetz ist es von zentraler Bedeutung, dass das Gesetz die Kernforderungen der Initiative Lieferkettengesetz erfüllt: Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt in der gesamten Wertschöpfungskette; Geltung für Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden und in Sektoren mit großen Menschenrechtsrisiken auch für kleinere Unternehmen, wirksame Durchsetzungsmechanismen inklusive zivilrechtlicher Haftung. Die Initiative Lieferkettengesetz stellte in einem Faktencheck zur Haftung klar, dass diese notwendig, verhältnismäßig und zumutbar ist.
Was steht nun an, was können wir tun? Peter Altmaier ist eine Schlüsselfigur im Ringen um ein wirksames Lieferkettengesetz. Daher gibt es Aktionskarten und eine Email-Aktion, die sich an ihn wenden. Schon zehntausende Menschen haben dies genutzt. Nun geht es darum, dass es noch mehr werden. Es ist ganz einfach: Nutzt und verbreitet die Email-Aktion oder schickt eine der Postkarten direkt an den Minister, um ihn aufzufordern, einem wirksamen Lieferkettengesetz nicht länger im Weg zu stehen. Die übrigen Postkarten könnt ihr zum Beispiel Freund*innen in den Briefkasten werfen oder an öffentlichen Orten auslegen, so dass unser Anliegen weiterhin sichtbar bleibt.
In Hessen gibt es einige Gruppen an verschiedenen Orten, die sich für ein Lieferkettengesetz einsetzen, indem sie z.B. Veranstaltungen organisieren oder Gespräche mit Bundestagsabgeordneten führen. Es gibt auch eine hessische Steuergruppe der Initiative Lieferkettengesetz, die für Fragen ansprechbar, z.B. zu Engagement-Möglichkeiten und Materialien. Auf der Webseite Lieferkettengesetz Hessen werden geplante Veranstaltungen gern aufgenommen. Auch für die Ansprache von Bundestagsabgeordneten unterstützt die Steuergruppe gern bei der Vorbereitung. Kontakt: lieferkettengesetz [at] epn-hessen.de
Landesregierung spricht sich für Sorgfaltpflichtengesetz aus
Der Entwicklungspolitische Beirat der Landesregierung empfahl diesem sich auch auf Bundesebene für die baldige Verabschiedung eines Gesetzes einzusetzen, welche unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen in globalen Wertschöpfungsketten festlegt und regelt. EPN Hessen, das den Vorsitz des Landesbeirats innehat, setzt sich darüber auch gemeinsam mit zahlreichen weiteren zivilgesellschaftlichen Akteur*innen im Rahmen der Kampagne „Lieferkettengesetz“ für verbindliche globale Regeln und Verfahren im Zusammenhang Wirtschaft und Menschenrechte ein.
Konkret empfiehlt der Beirat, dass sich das Land Hessen in der Wirtschaftsministerkonferenz sowie im Bundesrat einbringt und – falls die Bundesregierung bis Ende 2020 hierzu keinen eigenen Gesetzesentwurf verabschiedet- über den Bundesrat ein Sorgfaltspflichtengesetz initiiert.
Der Entwicklungspolitische Beirat der Hessischen Landesregierung wurde nach der Verabschiedung der Leitlinien zur Entwicklungszusammenarbeit der Hessischen Landesregierung im Dezember 2019 konstituiert. Er dient zum einem dem Dialog und der Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und der Zivilgesellschaft und berät zum anderen die Landesregierung bei Grundsatzfragen der Entwicklungszusammenarbeit. Dem Beirat gehören Vertreter*innen der Kommunen, Wirtschaft und Finanzwirtschaft, Hochschulen, Kirchen, entwicklungspolitischen Organisationen und der im Landtag vertretenen Fraktionen an. Die Landesregierung vertritt Wirtschaftsstaatssekretär Dr. Philipp Nimmermann. Vorsitzende des Beirats ist Maria Gubisch vom EPN Hessen, stellvertretender Vorsitzender ist Dr. Kambiz Ghawami vom World University Service (WUS).
#DasMussDrinSein. Eckpunkte des Lieferkettengesetzes in Gefahr
Das Bundeskabinett hat die Besprechung der Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz erneut verschoben. Als Antwort dafür haben Aktivist*innen der Initiative Lieferkettengesetz am 09. September in Berlin demonstriert und sie übergaben symbolisch eine Petition mit mehr als 222.222 Unterschriften an das Bundeskanzleramt. Die Initiative Lieferkettengesetz, ein Bündnis aus über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen, fordert von der Bundesregierung für einen wirksamen Schutz von Menschenrechten und Umwelt zu sorgen: Wir brauchen endlich ein Lieferkettengesetz!
Die Kanzlerin hat sich inzwischen für ein Lieferkettengesetz ausgesprochen . Auch immer mehr deutsche Unternehmen machen mit. Dennoch blockiert Bundeswirtschaftsminister Altmaier es weiterhin. Das Wirtschaftsministerium will ein Lieferkettengesetz nur für Unternehmen ab 5.000 Angestellten einführen. Zudem soll der zivilrechtliche Durchsetzungsmechanismus entfallen. Wenn sowas in den Eckpunkten des Lieferkettengesetzes geplant wird, hätten damit Betroffene von Menschenrechtsverletzungen kaum eine Möglichkeit, vor deutschen Gerichten Entschädigungen einzufordern. Ein solches Gesetz muss menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten umfassen. Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen, und kleinere Unternehmen, die in Risikosektoren aktiv sind, müssen dazu verpflichtet werden, Risiken zu analysieren, wenn nötig Gegenmaßnahmen zu ergreifen und darüber zu berichten. Tun sie das nicht, müssen sie z.B. mit Bußgeldern sanktioniert werden können. Kommt es trotzdem zu Schäden an Mensch oder Umwelt, müssen Betroffene Zugang zu deutschen Gerichten erhalten.
Mit Blick auf die Debatten innerhalb der Bundesregierung kritisiert die Initiative insbesondere die Position von Wirtschaftsminister Peter Altmaier scharf und hat deshalb eine neue Protestaktion gestartet. Mit dem Betreff „Schluss mit der Blockade von Menschenrechten und Umweltschutz, Herr Altmaier!“ können Sie eine Email direkt an dem Wirtschaftsminister versenden.
Damit ein Lieferkettengesetz wirkt, müssen die Unternehmen Sorgfaltspflicht in der gesamten Wertschöpfungskette haben. Diese Verpflichtungen dürfen nicht hinter die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zurückfallen. Die Initiative Lieferkettengesetz fasst die Anforderungen für ein wirksames Lieferkettengesetz zusammen. >#DasMussDrinSein:
Reichweite der Sorgfaltspflicht: Damit ein Lieferkettengesetz wirkt, muss es Unternehmen zur Sorgfalt in der gesamten Wertschöpfungskette verpflichten und darf nicht hinter die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zurückfallen.
Behördliche Überprüfung: Damit ein Lieferkettengesetz wirkt, muss es eine staatliche Behörde dazu befugen, die Einhaltung der Menschenrechts- und Umwelt-schutzvorgaben zu kontrollieren und ihr die Möglichkeit geben, Unternehmen zu sanktionieren, die diese missachten.
Achtung der Umwelt: Damit ein Lieferkettengesetz wirkt, muss es den Zusammenhang zwischen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung anerkennen: Umweltschutz und der Schutz von Menschenrechten gehören zusammen.
Zivilrechtliche Haftung: Damit ein Lieferkettengesetz wirkt, muss es eine zivilrechtliche Haftung ermöglichen und Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen im Ausland die Möglichkeit geben, von verantwortungslos handelnden Unternehmen vor deutschen Gerichten Schadensersatz einzuklagen.
Betroffene Unternehmen: Damit ein Lieferkettengesetz wirkt, darf es nicht nur für die ganz großen Unternehmen gelten, sondern muss bei Unternehmen aus Sektoren mit großen Menschenrechtsrisiken auch kleine Unternehmen ins Auge fassen.
Andere Aktionen, wie Aktionspostkarten zum Auslegen oder für Straßen-Aktionen sind hier bestellbar.
Neues Förderprogramm: Corona-Unterstützung (auch) für hessische Eine Welt-Vereine
„Weiterführung der Vereins- und Kulturarbeit“. So heißt das am 20. April veröffentlichte Programm der Hessischen Landesregierung. Mit mindestens 20 Millionen Euro Fördervolumen sollen die hessischen Vereine davon profitieren, um die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie an ihre Arbeit zu vermindern. Sport-, Kultur- und auch Eine Welt-Vereine können ab sofort bis zu 10.000 Euro beantragen.
Die Maßnahmen gegen die Verbreitung der Corona-Pandemie wirken sich tiefgreifend auf unser Leben aus: Freizeit, Arbeit und Routine sind umgestaltet. Nicht nur die Arbeit, sondern sogar die Existenz vieler Vereine kann von den Folgen der Einschränkungen bedroht sein: Nicht alle geplanten Veranstaltungen können kostenlos storniert oder in digitale Formate umgewandelt werden. Fixe Mieten und Betriebskosten sowie abgesagte Projekte müssen bezahlt werden, während Einnahmen wegfallen – und dies alles vor dem Hintergrund, dass Vereine kaum Rücklagen bilden können. Ein Teil der ausgefallenen Einnahmen eines Vereines sollen nun durch das Förderprogramm „Weiterführung der Vereins- und Kulturarbeit“ kompensiert werden.
41.000 gemeinnützige Vereine und Verbände mit Sitz in Hessen können ab dem 1. Mai die Fördermittel beantragen. Der Prozess soll schnell und unbürokratisch ablaufen, kündigte Ministerpräsident Volker Bouffier Ende April in Wiesbaden an. Je nach Arbeitsinhalt und Zweck der Vereine werden die Anträge bei den jeweilig zuständigen Ministerien eingereicht.
Für Vereine, die sich mit Entwicklungszusammenarbeit beschäftigen, ist das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen in Hessen zuständig. Initiativen die im Bereich Familie (Kinder, Jugendliche, Senioren), Arbeit, Soziales, Gesundheit, Menschen mit Behinderung oder Integration und Asyl arbeiten, können sich an das Ministerium für Soziales und Integration wenden.
Weitere Informationen zu den Richtlinien und Bedingungen des Förderprogramms sowie anderen Zuschüssen für Vereine und Initiativen können unter den nachfolgenden Links abgerufen werden.
Dass ein Gesundheitsthema die Menschheit über Wochen weltumspannend derart in Atem hält, ist einzigartig in der neueren Zeit. Auch die angeordneten Maßnahmen die in dem Zusammenhang weltweit ergriffen und zu großen Teilen auch gesellschaftlich akzeptiert und eingehalten werden, hätten sich wohl die meisten von uns auch in den kühnsten Träumen kaum ausmalen können. Zum Schutz aller und vor allem zum Schutz alter und vorerkrankter Menschen solle man sich „solidarisch“ zeigen und die zum Teil massiven und die Freiheiten einschränkenden Verhaltensregeln befolgen: allen voran die Ausgangsbeschränkung oder Ausgangssperre und das „physical distancing“ (also die räumliche bzw. körperliche Distanzierung) sowie regelmäßiges Hände waschen.
So vernünftig und funktional diese mantraartig vorgetragene offizielle Losung klingt, so sehr trägt sie bei unkritischer Aneignung dazu bei, blinde Flecken in der Gesellschaft zu (re)produzieren. Die Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus sowie die Auswirkungen der getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der neuen Viren-Pandemie sind nämlich mitnichten für alle gleich bzw. höchstens aus Alters- oder Gesundheitsgründen unterschiedlich. Vielmehr sind sie maßgeblich davon abhängig, welchen ökonomischen, politischen, sozialen und kulturellen Status ein Mensch genießt: Die Verkäuferin im Supermarkt hat weniger Chancen, sich vor sozialen Kontakten zu schützen, als der Grafiker, der im Homeoffice arbeiten kann. Die meist nach Stundenlohn arbeitenden Service-Kräfte treffen die weitgehenden Schließungen der Gastronomiebetriebe ökonomisch wesentlich härter, als den Verwaltungsangestellten. Der alleinerziehenden Mutter fällt es wesentlich schwerer, die Ausgangsbeschränkung mit zwei Kindern in einer 50qm-Wohnung durchzustehen, als dem kinderlosen Doppelverdiener*innen-Pärchen in der 90qm-Wohnung mit Dachterrasse. Und Obdachlose oder Bewohner*innen einer Geflüchtetenunterkunft haben noch nicht einmal die Möglichkeit zu überlegen, ob sie der #stayathome-Aufforderung Folge leisten oder nicht. Denn: Zuhause zu bleiben, bedingt bereits das Privileg, überhaupt ein Zuhause zu haben …
Gesellschaftlich betrachtet, sind es die sozialen Ungleichheiten, denen – wie so oft – (zu) wenig Aufmerksamkeit zukommt: Auch wenn die Corona-Krise ausnahmslos überall durchschlägt und prinzipiell alle Menschen an dem Virus erkranken können, sind verschiedene Klassen bzw. gesellschaftliche Gruppen unterschiedlich gewappnet und insofern eben längst nicht alle „vor dem Virus gleich“. Schlimmer noch: Die aktuelle Krise wird die ohnehin schon vorherrschenden sozialen Ungleichheiten in der Welt umso mehr verschärfen, je deutlicher Rückzüge hinter die nationalen Grenzen weltweit als Lösungsstrategie zu beobachten sind. So werden beispielsweise in erster Linie jene Betriebe finanziell unterstützt, die auf jeweils nationaler Ebene als „systemrelevant“ erachtet werden. In Windeseile werden nationale Konjunkturprogramme in dreistelliger Milliardenhöhe aufgesetzt und verabschiedet, während für supranationale Hilfspakete kaum oder nur äußerst zäh Einigungen erzielt werden – globale Solidarität in der globalen Krise sieht anders aus!
Ihr wohl hässlichstes Gesicht zeigen die EU-Staaten hinsichtlich nationaler Schließungstendenzen im Zuge der Corona-Krise aktuell aber im Umgang mit Geflüchteten: Während die Bevölkerungen innerhalb der nationalen Grenzen auf unbedingte Solidarität eingeschworen werden („Unsere Solidarität, unsere Vernunft, unser Herz füreinander sind auf eine Probe gestellt“, so etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Ansprache am 11. März 2020), werden an den EU-Außengrenzen gerade ganz unverblümt die letzten Reste der Fassade einer menschenrechtlich orientierten Haltung gegenüber schutzlosen Menschen auf der Flucht zunichte gemacht: Geflüchtete werden mit Waffengewalt daran gehindert, die EU-Grenze zu überqueren, Tausende von Menschen in den überfüllten Lagern an der türkisch-griechischen Grenze ohne hinreichende Versorgung sich selbst überlassen und zivile Rettungsschiffe auf dem Mittelmeer offiziell dazu aufgefordert, jegliche Aktivitäten einzustellen – auch hier gilt: globale Solidarität in der globalen Krise sieht anders aus!
Die globale Solidarität, die es in Zeiten der Corona-Krise dringend braucht, darf dabei aber nicht verwechselt werden mit dem, was Paul Dziedzic so trefflich als die (neokoloniale und rassistische) Denkfigur der „Sorge um Afrika“ entlarvt: Es geht nicht um ein (stereotypes) Mitleid mit dem Globalen Süden, das insbesondere den Ländern auf dem afrikanischen, aber auch dem lateinamerikanischen Kontinent eine pauschale Unfähigkeit im Umgang mit dem tödlichen Virus attestiert und – bewusst oder unbewusst – davon ausgeht, „dass man sich ständig Sorgen“ um sie machen muss. Es ist das klassische, bereits einige hundert Jahre erfolgreich tradierte Bild, das wesentlich zur Legitimierung der eigenen Überlegenheit und Vormachtstellung bzw. zur Legitimierung von Sklaverei und Kolonialismus diente und letztlich bis in die jüngere Zeit auch die überholten Konzepte von Entwicklungshilfe normativ unterfütterte.
Natürlich wird die Pandemie viele Menschen besonders in den ohnehin schon wirtschaftlich gebeutelten und in Bezug auf Gesundheitsversorgung schlecht aufgestellten Ländern des Globalen Südens unvergleichbar hart und existenziell treffen – gesundheitlich wie auch wirtschaftlich. Aus dem Blick geraten sollte aber dennoch nicht, dass in etlichen dieser Länder schon wesentlich mehr Expertise im Umgang mit stark ansteckenden Infektionskrankheiten aufgebaut und konkrete Erfahrungen etwa mit flächendeckenden Präventionsmaßnahmen gesammelt wurden, als im Globalen Norden. So gibt es durchaus auch Erfolgsgeschichten, in denen örtliche Gesundheitsorganisationen mit unermüdlichem Einsatz und einem Bruchteil der Ressourcen, die den Ländern des Westens zur Verfügung stehen, Epidemien bekämpft und eingedämmt haben.
Was es also braucht, ist eine globale Solidarität, die nicht mit stereotypen und vorgefertigten Bildern auffährt, sondern in der erst differenzierter analysiert wird, was wo an lokalen Lösungskompetenzen vorhanden ist, benötigt wird und was von wem gelernt werden kann. Von da aus können dann auch wirklich effektiv globale Lösungen erarbeitet (z.B. Impfstoffe, Testverfahren oder lokal angepasste Präventionsmaßnahmen), aber auch unterschiedliche globale Verantwortlichkeiten und Solidaritätserfordernisse identifiziert werden (z.B. Entschuldung von Ländern im Globalen Süden, die zügige Umsetzung eines Lieferkettengesetzes oder fairere Welthandelsstrukturen). Dabei gilt es aus zivilgesellschaftlicher Perspektive wohl insbesondere auch jene Muster sozialer Ungleichheiten verstärkt kritisch in den Blick zu nehmen, die quer zur bzw. durch die Unterscheidung zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden hindurch verlaufen. So ließen sich neue gemeinsame ‚Betroffenheitslinien‘ erkennen und von da aus im besten Fall auch neue globale bzw. internationale Allianzen und Bündnisse schmieden. Diese werden wir brauchen, um in der Post-Corona-Zeit die Krisen-Verwerfungen als Chance für die Ausgestaltung einer gerechteren und faireren Welt nutzen zu können. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Rückschlag auf dem Weg zum Lieferkettengesetz. Wie weiter?
Es sah schon so vielversprechend aus … Die im September gestartete Kampagne „Initiative Lieferkettengesetz“ nahm schnell an Fahrt auf und sammelte in kurzer Zeit mehr als 150.000 Unterschriften. Ein von der Initiative in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zeigte: Ein Lieferkettengesetz ist machbar – sowohl für den Gesetzgeber als auch für die deutschen Unternehmen. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller sowie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil befürworten zunächst eine gesetzliche Regelung und kündigten für Februar Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz an.
Doch vom Bundeskanzleramt kam nun offenbar Gegenwind, wie es das Redaktionsnetzwerk Deutschlands unter Berufung auf „Regierungskreise“ am 10. März berichtete: Es sei vor allem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gewesen, der gesetzliche Regelungsvorschläge zum jetzigen Zeitpunkt als „verfrüht“ kritisierte und darauf pochte, die erst im Juli 2020 abgeschlossene letzte Erhebungsrunde zum Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) abzuwarten. Für den Fall, dass nicht mindestens die Hälfte der Unternehmen die Anforderungen an die menschenrechtliche Sorgfalt angemessen umsetzen, sieht der Koalitionsvertrag vor, dass gesetzliche Regelungen eingeführt werden. Im zweiten NAP-Zwischenbericht zeigt sich jedoch, dass in der ersten Pilot-Umfrage von denjenigen Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, noch nicht einmal 20 Prozent die Anforderungen erfüllen. Wenig wahrscheinlich also, dass die Zielmarke von mindestens 50 Prozent in der abschließenden Erhebung erreicht wird.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beschreibt die Geschehnisse etwas anders als das Redaktionsnetzwerk und verweist vielmehr auf die Corona-Entwicklungen als Grund für die terminliche Verschiebung bei den angekündigten Eckpunkten für das Lieferkettengesetz. So wie im Zuge der aktuellen Coronakrise gerade ziemlich viele politische Anliegen deutlich in den Hintergrund gedrängt werden, wäre in dieser Begründungsvariante dann auch die schnelle Durchsetzung eines Lieferkettengesetzes diesen äußeren Umständen zum Opfer gefallen.
Ob ‚Coronakrise‘ oder ‚interner Gegenwind‘ für die Verzögerungen verantwortlich gemacht werden will – die entscheidende Frage bleibt: Was bedeutet das für die Initiative Lieferkettengesetz? Die Antwort: Es gilt weiterhin, dass wir ein Lieferkettengesetz in Deutschland dringend brauchen. Die Initiative Lieferkettengesetz tritt weiterhin klar und deutlich für eine Welt ein, in der Unternehmen Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden. Gerade in Zeiten von Corona ist es wichtig, Menschenrechte entlang der Lieferketten in den Blick zu nehmen. Denn besonders in den ersten Stufen vieler Lieferketten sind die Menschen aufgrund von fehlender Absicherung besonders gefährdet. Menschenrechte sind nicht verhandelbar, sondern international vereinbarte Grundrechte, die eingehalten werden müssen – auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Wenn Unternehmen infolge der Krise ihre Lieferketten umbauen, um Transparenz und Sicherheit zu schaffen, sollten sie neben den wirtschaftlichen auch die menschenrechtlichen und ökologischen Risiken in den Blick nehmen. Ein Lieferkettengesetz würde für Unternehmen Klarheit über diese Anforderung schaffen.
Bundesarbeitsminister Heil wird in der WirtschaftsWoche vom 20. März hinsichtlich des Lieferkettengesetzes zitiert: „Das bleibt ein wesentliches Anliegen. Aber auch hier gilt: später“. Zumindest für die Zukunft lässt dies Hoffnung aufschimmern. Es ist jedoch wichtig, dafür zu sorgen, dass dieses „später“ auch tatsächlich zeitnah eintreten wird und sich nicht schleichend zu einem „nie“ transformiert. Anhaltender zivilgesellschaftlicher Druck scheint daher an dieser Stelle nötiger den je.
#Eckwertebeschluss: Zivilgesellschaft fordert mehr globale Verantwortung und Weitsicht
Mitte März veröffentlichte das Bundesfinanzministerium den neuen Eckwertebeschluss der Bundesregierung. Nach Plan der Regierung soll die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe im kommenden Jahr nicht erhöht werden. In unmittelbarer Antwort darauf warnen Nichtregierungsorganisationen vor Kürzungen im Entwicklungsetat und appellieren an mehr globale Verantwortung.
Das Bundeskabinett hat am 18. März 2020 die Eckwerte für den Haushalt 2021 und die Finanzplanjahre bis 2024 beschlossen. Dabei handelt es sich um den Regierungsentwurf über das Gesamtbudget des Bundeshaushalts sowie die Festlegung der Aufteilung der Gelder. In einem gemeinsamen Appell warnen sechs deutsche Entwicklungsorganisationen – Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW), Global Citizen, ONE, OXFAM Deutschland, Plan International Deutschland und Save the Children Deutschland – Bundesfinanzminister Scholz davor, die Mittel zur Bekämpfung von Armut und Krankheiten zu kürzen. Dazu haben sie deutliche Worte an die Bundesregierung gerichtet: „Jedes Jahr bei der Veröffentlichung des Eckwertebeschlusses kann sich Olaf Scholz scheinbar plötzlich nicht mehr an den Koalitionsvertrag erinnern. Wir nehmen das nicht hin. Wir fordern nicht mehr und nicht weniger als die Einhaltung des Koalitionsvertrags. Konkret heißt das: Mehr Investitionen für die Bekämpfung extremer Armut und die Stärkung von Gesundheitssystemen. Nur so können wir die Menschen auf der Welt erreichen, die Unterstützung benötigen.“
Auch andere zivilgesellschaftliche Akteure meldeten sich zu Wort: Die Welthungerhilfe zeigt sich besorgt darüber, dass die Ausgaben ab 2021 stagnieren werden und ab 2022 in eine Abwärtsspirale geraten könnten. Angesichts der Corona-Pandemie, die die Länder des Globalen Südens schwer treffen wird, wäre eine deutliche Aufstockung im Bundeshaushalt 2021 enorm wichtig und gar eine Pflicht Deutschlands, so der Verband Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe (VENRO). Die Coronakrise zeige, wie essentiell es bleibt, Gesundheitssysteme weltweit zu stärken. Plan International Deutschland weist außerdem auf gravierende Folgen für Frauen und Mädchen hin: Bei der Kürzung von Geldern könnten Entwicklungsprojekte eventuell nicht mehr langfristig geplant werden, was zu Lasten derer gehe, die besonders benachteiligt sind. Eine repräsentative Umfrage der Welthungerhilfe von Februar 2020 belegt zudem, für die meisten Deutschen ist globale Solidarität eine Priorität.
Auch in Bezug auf die Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele bis 2030 müsse Deutschland mit seinem politischen und wirtschaftlichen Gewicht seiner globalen Verantwortung nachkommen. Die oben erwähnte sechser Gruppe fordert in ihrem Appell, die Bundesregierung solle endlich ihrem Versprechen, 0,7 Prozent der Wirtschaftskraft für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen, nachkommen. Union und SPD hätten sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, ein Absinken der sogenannten ODA-Quote, also dem Anteil der Wirtschaftsleistung, die in die Entwicklungszusammenarbeit investiert wird, zu verhindern. Deutschland könne hier als Vorbild voranschreiten, dem andere Länder dann folgen können.
Es ist enttäuschend und alarmierend zugleich, wenn der Beschluss so umgesetzt zunächst zu einer Nullrunde und in den folgenden Jahren sogar zu schmerzhaften Kürzungen führt. Wie ernst die NGOs mit ihrem eindringlichen Appell genommen werden, bleibt abzuwarten.
Neue Eine Welt-Regionalpromotor*innenstelle in Kassel
Vor kurzem hat das hessische Eine Welt-Promotor*innen-Programm Verstärkung erhalten!
Nadine Zollet, die sich im Folgenden gleich selbst vorstellen wird, hat im Februar als erste hessische Eine Welt-Regionalpromotorin für Nordhessen ihre Arbeit aufgenommen. Wir freuen uns, eine neue engagierte Kollegin mit im Boot zu haben und heißen Nadine herzlichst willkommen!
Liebe Interessierte,
ich möchte mich Ihnen als erste hessische „Eine Welt- Regionalpromotorin“ vorstellen. Im Februar habe ich diese sehr spannende Aufgabe für Nordhessen übernommen. Ich freue mich sehr auf die intensive Zusammenarbeit mit Eine Welt Akteur*innen und global Interessierten in unserer wunderbaren Region.Ich bin Nadine Zollet, lebe schon seit 20 Jahren in Kassel und war in den letzten Jahren dort vor allem in der Umsetzung und Begleitung von Freiwilligendiensten in den Globalen Süden zuständig. Von Hause aus bin ich Politikwissenschaftlerin mit Leidenschaft und habe mich dabei intensiv mit der Friedens- und Konfliktforschung beschäftigt. Globale Gerechtigkeit, ökologisch und ökonomisch nachhaltiges Handeln waren und sind in meinem Engagement Kernelemente, um einem weltweiten Frieden und damit einer Zu-Frieden-heit ein Stück näher zu kommen.
Es ist meine tiefe Überzeugung, dass wir die Aufgabe einer ökologischen, sozialen und ökonomischen Transformation innerhalb unserer Gesellschaft nur solidarisch und gesamtgesellschaftlich bewältigen können. Neben politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern sehe ich uns, die Zivilgesellschaft als elementaren Motor, um das Umdenken und „Umhandeln“ innerhalb unserer Ges ellschaft voran zu bringen. Ich freue mich sehr, dass dieses Programm uns als Zivilgesellschaft neue Möglichkeiten in der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit eröffnet. Ich freue mich darauf mich gemeinsam mit ihnen allen in unserer Region einzusetzen für (eine weltweit) zukunftsfähige Lebensweise! Nordhessen bewegt!
Mein Engagement übe ich unter dem Dach des Sozialen Friedensdienstes Kassel aus. Einem Verein, der sich mit unterschiedlichen Projekten für Frieden, Gerechtigkeit und die Verantwortung des Menschen für seine Umwelt einsetzt.
Zögern Sie nicht, sich an mich zu wenden, wenn Sie Unterstützung bei Ihrem entwicklungspolitischen Engagement wünschen!
29./30. November: Aktionstag(e)
zur neuen Lieferkettengesetz-Kampagne (auch) in Frankfurt
Am 29. und 30. November wird unter dem Kampagnen-Motto „Gegen Gewinne ohne Gewissen hilft nur ein gesetzlicher Rahmen!“ in ganz Deutschland zu Aktionen aufgerufen, die breit öffentlich auf die jüngst gestartete Initiative Lieferkettengesetz aufmerksam machen sollen. Ihren Auftakt nahm die bundesweite Initiative im September – mit einer klaren Forderung an die Bundesregierung: Wir brauchen in Deutschland einen gesetzlichen Rahmen, um Unternehmen dazu verpflichten zu können, sich an Menschenrechte und Umweltstandards zu halten. Wir brauchen eine Lieferkettengesetz!
Die Bundesregierung setzt bislang darauf, dass sich Unternehmen freiwillig an die Menschenrechte halten. Doch freiwillige Initiativen der Wirtschaft haben bisher nicht dazu geführt, dass Menschenrechtsverstöße und Umweltzerstörung beendet werden. Um im Rahmen der Lieferketten-Kampagne auf diese Missstände aufmerksam zu machen und den zivilgesellschaftlichen Druck auf Unternehmen und Politik zu erhöhen, sind für Ende November in ganz Deutschland Aktionen geplant, die darüber aufklären und deutlich machen wollen, dass wir dringend ein Lieferkettengesetz brauchen.
Im Einzelhandel wird der vierte Freitag im November schon seit etlichen Jahren als sogenannter „Black Friday“ ausgegeben: Er wird als der Schnäppchentag des Jahres gefeiert und markiert gleichzeitig den Beginn des Weihnachtsgeschäfts. Diesen Event nimmt die Initiative zum Anlass für ihren ersten großen dezentralen Aktionstag: Am 29. und 30. November sollen mit vielfältigen und kreativen Straßenaktionen, bei Veranstaltungen oder auf Gemeindefesten auf die Initiative und ihre Kernforderung aufmerksam gemacht werden: Unternehmen, die Schäden an Mensch und Umwelt in ihren Lieferketten verursachen oder in Kauf nehmen, sollen dafür haften!
Auch in Frankfurt ist für Samstag, 30. November, um 11 Uhr eine Aktion auf der Shoppingmeile Zeil geplant – und EPN Hessen ist auf der Straße mit dabei! Wer Lust hat mitzumachen, kann sich gerne einfach bei uns melden: lieferkettengesetz[at]epn-hessen.de . Wer lieber eine eigene Aktion planen will, fühle sich auch dazu herzlich ermuntert. Auf der Kampagnen-Webseite lieferkettengesetz.de gibt es jede Menge Infomaterial, einen Argumentationsleitfaden und Aktionsbausteine. (Wir freuen uns über eine kurze Info auf dieselbe Emailadresse, falls anderswo in Hessen Aktionen geplant sind.)
Erfolgreicher ‚Druck von unten‘: Umsatzsteuer für Bildungsveranstaltungen abgewendet
Ende Oktober machte eine erfreuliche Nachricht die Runde: Die bundesdeutschen Koalitionsfraktionen haben beschlossen, die geplante Neuregelung im Umsatzsteuerrecht für Bildungsveranstaltungen zu streichen. Somit wurde das Gesetz gar nicht erst in den Bundestag eingebracht. Viele Verbände und Bildungsträger – darunter auch die Arbeitsgemeinschaft der Eine Welt-Landesnetzwerke in Deutschland (agl) und ihre Landesnetzwerke – haben sich in den letzten Wochen für die Streichung stark gemacht. Der Beschluss zeigt, dass der vielfältige zivilgesellschaftliche Druck offensichtlich wirksam war und sich gelohnt hat!
Zum Hintergrund: Das Bundeskabinett hatte bereits am 31. Juli 2019 den Entwurf zum „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ beschlossen. Das neue Gesetzesvorhaben sah u.a. eine Änderung der Steuerbefreiungsregelung für Weiterbildungseinrichtungen vor, die zum 1.1.2021 hätte in Kraft treten sollen. Nur Bildungsangebote mit unmittelbarer beruflicher Verwertbarkeit wären dann umsatzsteuerfrei geblieben.
Dies hätte erhebliche umsatzsteuerliche und organisatorische Belastungen für alle Weiterbildungsanbieter gehabt, u.a. auch im entwicklungspolitischen Bereich. Konkret waren im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2019 Neuregelungen in § 4 Nr. 21a UStG geplant (Wegfall des § 4 Nr. 22a UStG und dessen Neuregelung in einem § 4 Nr. 21 a UStG). Gemeinsam setzten sich zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteur*innen in den vergangenen Monaten dafür ein, dass das Gesetz in der jetzigen Form gestoppt und dann überarbeitet wird. Und zwar so, dass bereits im Gesetzestext klar und eindeutig steht, dass Bildungsveranstaltungen wie bisher steuerfrei sind.
Von vielen Seiten wurde zudem darauf hingewiesen, dass neue steuerliche Belastungen für die Weiterbildung allen bildungspolitischen Absichtserklärungen der Bundesregierung widersprochen hätten, die Chancengerechtigkeit in Deutschland durch ein diskriminierungsfreies, allen Bevölkerungsgruppen zugängliches System des lebensbegleitenden Lernens zu verbessern. Teilhabechancen am sozialen, politischen und wirtschaftlichen Leben müssen für alle gleich sein!
VENRO-Kritik am Haushaltsentwurf 2020: BMZ-Etat wird Herausforderungen nicht gerecht
Nach dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Haushaltsentwurf 2020 soll der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) um 127,5 Millionen Euro leicht steigen. Der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) fordert eine umfassendere Aufstockung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit.
„Um die globalen Zukunftsfragen zu lösen, ist die entwicklungspolitische Zusammenarbeit notwendiger denn je. Wir begrüßen daher, dass der Etat des BMZ steigt. Angesichts der vor uns liegenden Aufgaben ist aber die nur geringfügige Erhöhung der Mittel und die schlechten mittelfristigen Perspektiven ein Armutszeugnis“, kritisierte Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender von VENRO. „Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die auch Deutschland unterzeichnet hat, soll allen Menschen faire Lebensperspektiven eröffnen. An den notwendigen Mitteln für ihre Umsetzung fehlt es jedoch bis heute.“ Unterdessen verschärften sich die weltweiten Ungleichheiten, der Klimawandel schreite voran und gewaltsame Konflikte und Armut zwängen immer mehr Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen.
„Die Koalition hat sich aus gutem Grund dazu bekannt, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens Deutschlands in die Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe zu investieren“, betonte Bornhorst. „Jetzt sind CDU/CSU und SPD an der Reihe, dieses Versprechen einzulösen.“ Dafür müsste die Bundesregierung nach Berechnungen von VENRO rund zwei Milliarden Euro mehr bereitstellen als sie aktuell eingeplant hat.
Auf Unverständnis stößt bei VENRO, dass trotz der Etaterhöhung die Mittel für Nichtregierungsorganisationen stagnieren und bei der entwicklungspolitischen Bildung sogar gespart werden soll. „Zivilgesellschaftliche Organisationen spielen bei der Umsetzung der Agenda 2030 eine Schlüsselrolle“, sagte Bornhorst. „Ihre Arbeit ist zudem ein wichtiger Grundpfeiler von Demokratie. Doch ihr Engagement wird in immer mehr Ländern der Welt eingeschränkt. Kritische Akteure und Akteurinnen werden schikaniert, bedroht, inhaftiert oder sogar ermordet. Wir müssen die Zivilgesellschaft daher weiter stärken – und zwar auch mit finanziellen Mitteln.“
Zivilgesellschaftliche Erklärung zur deutschen Nachhaltigkeitspolitik
Im September 2015 wurden der UN und ihren Mitgliedsstaaten die 2030 Agenda mit den Sustainable Development Goals (SDGs) verabschiedet. Sie versprechen die Transformation unserer Welt, hin zu einem Leben ohne Hunger und Armut, ohne Steuerhinterziehung, mit sauberem und sicheren Verkehr und im Einklang mit dem Schutz der Natur und der Ökosysteme bis zum Jahr 2030. Seit 2015 ist leider in der Umsetzung dieses umfangreichen Zielkatalogs wenig geschehen. Viel zu wenig – in Anbetracht der Tatsache, dass der Klimawandel und das Artensterben voranschreiten und die weltweite Ungleichheit zunimmt. 118 zivilgesellschaftliche Organisationen wollen deswegen ein Zeichen setzen – dass die Umsetzung der SDGs auch in der Verantwortung der Bundesregierung liegt und die bisherigen politischen Maßnahmen und Strategien nicht ausreichen, um die Ziele bis 2030 zu verwirklichen. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem Titel „Genug herausgeredet – Höhenangst vor dem UN-Gipfel“ fordern sie die Bundesregierung auf, ihre Verpflichtungen nicht länger zu vernachlässigen und nachhaltige Politik jetzt umzusetzen. Es geht um nichts weniger als die Einhaltung internationalen Verantwortung und eine nachhaltige und gerechte Zukunft für alle Menschen auf diesem Planeten. Die Erklärung wurde Anfang Juni im Rahmen eines zivilgesellschaftlichen Gipfels mit Verbänden und der Bundesregierung diskutiert.
Europawahl 2019:
Entwicklungspolitische Erwartungen an die EU-Politik
Am 26. Mai 2019 wählen die BürgerInnen in Deutschland ein neues Europäisches Parlament. Für die Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe ist die Europawahl von großer Bedeutung, denn das Europäische Parlament ist für die Umsetzung der Agenda 2030 und die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ein wichtiger politischer Akteur. Der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe VENRO legt in einem Positionspapier zur Europawahl ihre Erwartungen an die künftigen Mitglieder des Europäischen Parlaments der kommenden Legislaturperiode dar.
Sie sieht dabei die EU vor großen Herausforderungen: „Die erstarkten rechtspopulistischen Strömungen auf nationaler Ebene schüren Fremdenfeindlichkeit, Abschottung und Nationalismus und agitieren gegen die Gleichstellung der Geschlechter. Zentrale europäische Werte wie Toleranz und Weltoffenheit werden infrage gestellt, die Wahrung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten versteht sich nicht mehr von selbst, die Prinzipien von Demokratie und Rechtstaatlichkeit sind in Gefahr […] Die Wahl zum Europäischen Parlament ist eine Richtungsentscheidung.“ Als wesentliche Herausforderung sieht VENRO aber auch, dass die EU ihren globalen Verpflichtungen nachkommt. Insbesondere mit Blick auf die Armutsbekämpfung und die konsequente und zielstrebige Umsetzung der beiden internationalen Vereinbarungen der Agenda 2030 mit ihren 17 nachhaltigen Entwicklungszielen sowie dem Pariser Klimaabkommen sieht VENRO die europäische Politik in der Verantwortung.
In ihrem Positionspapier fokussieren sie auf 10 Kernpunkte, die sie aus entwicklungspolitischer Perspektive als zentral erachten.
Auf folgende Themenkomplexe wird in ihrem Forderungskatalog Bezug genommen:
Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung umsetzen
Migrationspolitik menschenwürdig ausrichten
Militarisierung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik stoppen
Humanitäre Hilfe stärken
Klimagerechtigkeit umsetzen
Agrar- und Handelspolitik entwicklungsfördernd gestalten
Wirtschaft, Arbeit und Soziales an den Menschenrechten ausrichten
Rechte von Frauen, Kindern, Menschen mit Behinderungen und Minderheiten durchsetzen
EU-Beitrag zur Finanzierung nachhaltiger Entwicklung sichern
Zivilgesellschaftliche Organisationen stärken
„Für ein nachhaltiges, faires und solidarisches Europa“ lautet der Titel der 16-seitigen Publikation, die auf der VENRO-Webseite heruntergeladen werden kann. Gern kann sie auch für die eigene Arbeit genutzt und mitgeholfen werden, die Forderungen gemeinsam mit VENRO in die Politik und breite Öffentlichkeit zu tragen.
KWIBUKA 25: Gedenken an den Genozid in Ruanda 1994
Am 7. April haben in Ruanda und weltweit – so auch im Rahmen zahlreicher Veranstaltungen in Hessen – die Tage zum Gedenken an den Genozid vor 25 Jahren begonnen. ‚Kwibuka‘ bedeutet ‚zu erinnern‘ und beschreibt die jährliche Erinnerung an den Genozid, bei dem innerhalb von rund 100 Tagen bis zu eine Million Menschen ermordet wurden. Gerade in diesem Jahr wird nach einem Vierteljahrhundert den zahlreichen Opfern gedacht, über die Geschichte und historische Einbettung aufgeklärt und über ‚die Zeit danach‘ sowie aktuelle Entwicklungen gesprochen. Dabei werden die komplexen Zusammenhänge v.a. über die Wege der Versöhnungsarbeit, Aufarbeitungsprozesse und die Verantwortung verschiedener internationaler Akteure sowie deren fortwährender Einfluss in der Region betont. Heute wird Ruanda oft als ‚Musterland‘ auf dem afrikanischen Kontinent bezeichnet. Zurückgeführt wird das insbesondere auf das wirtschaftliche Umfeld mit seiner Innovationsfähigkeit und Umweltfreundlichkeit, aus dem sich eine der höchsten jährlichen Wirtschaftswachstumsraten ergibt. Politische Maßnahmen in Bezug auf Bildung, Armutsbekämpfung, Anti-Korruption oder Sicherheit tragen ebenfalls dazu bei. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern – auch des Globalen Nordens – sind Frauen selbstverständlich beteiligt und sozioökonomisch gleich(er) gestellt. So hat das ostafrikanische Land global den höchsten Anteil an Frauen in einem Parlament und verzeichnet hohe Anteile an weiblichen Führungskräften in Unternehmen und Wissenschaft. […]
Klima-Bündnis gibt Startschuss für STADTRADELN 2019
Es ist wieder soweit! Seit Mitte März ruft EPN Hessen-Mitgliedsorganisation Klima-Bündnis e.V. mit ihrer jährlich groß angelegten Kampagne STADTRADELN wieder dazu auf, für drei Wochen aufs Fahrrad umzusatteln, mit anderen Kommunen um die Wette zu radeln und dabei vor allem ein Zeichen für nachhaltige Mobilität und Klimaschutz zu setzen. Die Resonanz war in den letzten Jahren höchst erfreulich, sowohl die TeilnehmerInnen- als auch die gefahrenen Radkilometer-Rekorde jagten und überboten sich Jahr für Jahr. So radelten im vergangenen Jahr zusammengenommen annährend 300.000 Menschen aus fast 900 Kommunen sagenhafte 59.375.033(!) registrierte Radkilometer.
Wie funktioniert STADTRADELN? Im Grunde genommen ist es ganz einfach: Mitglieder der kommunalen Parlamente und BürgerInnen einer Kommune in Teams sammeln möglichst viele Radkilometer. Die Aktionsphase in einer Stadt oder Gemeinde dauert drei Wochen zwischen Mai und September. In dieser Zeit legen die umweltbewussten TeilnehmerInnen möglichst viele Wege mit dem Fahrrad zurück. Die fahrradaktivsten Kommunalparlamente und Kommunen, sowie die fleißigsten Teams und RadlerInnen innerhalb der Kommunen werden zum Schluss gekürt. Eigentliches Ziel der Kampagne ist es aber, BürgerInnen und KommunalpolitikerInnen für Themen wie Klimaschutz, Energieeffizienz im Verkehr und Radverkehrsförderung zu sensibilisieren und zusammen bundesweit möglichst viele Kohlendioxid-Emissionen zu vermeiden.
Lassen auch Sie sich dieses Jahr vom Stadtradeln-Fieber anstecken, klopfen Sie freundlich bei Ihrer Kommune an, motivieren Sie Ihre FreundInnen und NachbarInnen, genießen Sie zusammen den Sommer auf dem Fahrrad und tragen Sie damit zu einem besseren Klima bei!
EZ-Finanzierung: Zivilgesellschaft mahnt zur Einhaltung der Koalitionsversprechen
Mitte März hat Finanzminister Olaf Scholz im Rahmen des Eckwertebeschlusses der Bundesregierung angekündigt, dass die Bundesregierung den Etat des Entwicklungsministeriums im Jahr 2020 auf dem Niveau des laufenden Jahres halten will. Aus der organisierten Zivilgesellschaft erfolgte prompte und vielstimmige Kritik.
Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW), Global Citizen, ONE, OXFAM Deutschland, Plan International Deutschland, Save the Children und World Vision warnen in ihrem gemeinsamen Appell an die Bundesregierung daraufhin vor kurzsichtigen Finanzplanungen, und fordern die Bundesregierung auf, ihre entwicklungspolitischen Zusagen aus dem Koalitionsvertrag zu halten. Hier hatten die Koalitionsparteien versprochen, dass die Quote für Entwicklungsgelder nicht weiter fallen wird – bei steigender Wirtschaftsleistung und gleichbleibendem Entwicklungsetat sinke diese Quote jedoch im kommenden Jahr, warnte das Bündnis im Rahmen seines Appells. Ihre Mahnung zur Einhaltung der Regierungsversprechungen formulieren die Organisationen daher zu recht mit deutlichen Worten: „Wir können es nicht mehr hören. Egal, wie üppig die Steuereinnahmen sprudeln – es reicht offenbar nie, um die eigenen Versprechen an die Menschen einzuhalten, die von extremer Armut betroffen sind. Wir fordern nicht mehr und nicht weniger als die Einhaltung des Koalitionsvertrags. Dafür sind mehr Investitionen im Kampf gegen Armut nötig, sonst sinkt die Quote für Entwicklungsmittel – denn die deutsche Wirtschaft wächst.“
Auch der Verband Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe VENRO spricht angesichts der angekündigten Stagnation im kommenden Jahr sowie dem laut Medienberichten drohenden Abfall in den darauf folgenden Jahren von einem entwicklungspolitischen „Rückzug ins Schneckenhaus“ und befürchtet den Beginn eines schleichenden Abbaus des deutschen Beitrags zur Bewältigung globaler Krisen. So konstatiert VENRO-Vorsitzender Dr. Bernd Bornhorst ebenso deutlich wie kritisch: „Das … signalisiert unseren Partnern im Globalen Süden: ‚Ihr seid künftig auf euch allein gestellt mit Krisen, Klimawandel und Armut.‘ So lässt sich keine nachhaltige Entwicklung gestalten.“
Ähnlich äußerten sich dann auch das Forum Fairer Handel und Naturland e.V. in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Sie werten die im Bundeskabinett beschlossenen Eckwerte des Bundeshaushalts 2020 als „fatales Signal“ und sehen die Glaubwürdigkeit des entwicklungspolitischen Engagements der Bundesregierung damit als „massiv beschädigt“. Um bereits erreichte positive Ansätze des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) nicht zu gefährden, fordern sie dringend notwendige Nachbesserungen am geplanten Haushalt.
Ob die Zivilgesellschaft sich mit ihrer vehementen Kritik und den geforderten Nachbesserungen bei der Bundesregierung Gehör verschaffen konnte, wird sich weisen.
Hessische Kommunen können zukünftig Grabsteine aus Kinderarbeit verbieten
Weltweit arbeiten etwa eine Million Kinder in Steinbrüchen, davon ca. 150.000 in Indien, woher Schätzungen zufolge mindestens 50 Prozent der Grabsteine auf heimischen Friedhöfen stammen. Seit 1. März gibt es für hessische Kommunen nun endlich eine Rechtsgrundlage, um Grabmäler aus Kinderarbeit zu verbieten. Die im vergangenen August beschlossene Änderung für das Friedhofs- und Bestattungsgesetz ist dann in Kraft getreten.
Damit erhalten hessische Kommunen eine weitere Möglichkeit, ihre menschenrechtliche Verantwortung wahrzunehmen. Sie können in ihren Friedhofssatzungen festlegen, dass nur Grabsteine und Grabeinfassungen aufgestellt werden dürfen, die nachweislich ohne Kinderarbeit hergestellt worden sind. Mehrere hessische Kommunen – darunter Wiesbaden, Marburg und Kassel – haben diesen Schritt bereits erwartet und werden ihre Friedhofssatzungen anpassen.
Konkret nimmt das Änderungsgesetz Bezug auf das Verbot und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit laut Konvention Nr. 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). In Kommunen, die einen entsprechenden Passus in ihre Friedhofssatzung aufnehmen, muss der Verkäufer – meist der Steinmetz – nachweisen, dass das Grabmal ohne Kinderarbeit hergestellt worden ist.
Der Nachweis ist möglich über
eine Dokumentation, dass die Grabsteine und -einfassungen ausschließlich in EU-Ländern, EU-Vertragsstaaten oder der Schweiz hergestellt wurden oder
das Zertifikat einer Prüforganisation (z.B. Gütesiegel von Fair Stone und Xertifix) oder
eine schriftliche Versicherung, dass dem Verkäufer keine Anhaltspunkte für Kinderarbeit bekannt sind sowie die Darlegung von Maßnahmen, um dies zu vermeiden.
Mit dem Änderungsgesetz wird in Hessen erstmals Bezug genommen auf ein Übereinkommen der ILO. Die ILO-Kernarbeitsnormen werden nicht nur bei Natursteinen, sondern einer Reihe von weiteren ‚sensiblen‘ Produktgruppen häufig verletzt – z.B. bei Lebensmitteln, Kleidung oder IT-Geräten.
Das EPN Hessen fordert schon lange, dass Land und Kommunen bei ihren Einkäufen darauf achten, dass die Produkte unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und umweltgerecht hergestellt wurden. Das hessische Vergabegesetz wird aktuell evaluiert und sollte in der Neufassung mindestens die acht ILO-Kernarbeitsnormen als Referenzrahmen für soziale Kriterien enthalten.
In der Mehrzahl der Bundesländer gibt es bereits vergaberechtliche Regelungen, die auf die ILO-Kernarbeitsnormen Bezug nehmen. Im hessischen Vergaberecht fehlt dieser Verweis bislang. Mit der Reform des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes wird hier ein Schritt in die richtige Richtung getan.
Der Koalitionsvertrag der hessischen Landesregierung entwicklungspolitisch gesichtet
„Aufbruch im Wandel durch Haltung, Orientierung und Zusammenhalt“. In diesem Artikel wird eine entwicklungspolitische Sichtung ausgewählter Aspekte des Koalitionsvertrages zwischen CDU Hessen und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Hessen für die 20. Legislaturperiode vorgenommen.
Bereits in der Präambel bekennt sich die alte und neue Landeregierung zur Bewahrung der Schöpfung und der biologischen Vielfalt, der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes innerhalb rasanter Wandelungsprozesse, zum europäischen Projekt sowie zur Überwindung sozialer Ungerechtigkeiten. Die UN-Agenda „Transformation unserer Welt. Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ fungiert in Hessen bereits als Bezugsrahmen sowohl zur Überarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie als auch der entwicklungspolitischen Leitlinien des Landes. Diese Agenda vor Augen, lässt sich positiv anmerken, dass sich der Anspruch der Agenda „niemanden zurückzulassen“ auch im Koalitionsvertrag in der recht ausführlichen Befassung mit so unterschiedlichen Themen wie Inklusion und Barrierefreiheit, der Geschlechtergerechtigkeit aber auch der Interkulturellen Öffnung und der Stärkung der migrantischen Selbstvertretungsorganisationen niederschlägt. Nachhaltigkeit als Richtschnur wird an verschiedenen Stellen des Vertrages genannt, wobei es sich wahlweise um ökologische, soziale oder ökonomische Nachhaltigkeit handelt.
Unter der Überschrift „Partner in Europa sein“ wird die stärkere Förderung sowie der Auf- und Ausbau von Partnerschaften innerhalb Europas angekündigt. Leider finden die zahlreichen – überwiegend zivilgesellschaftlich getragenen – Nord-Süd- und Süd-Süd-Partnerschaften hier keine eigenständige Erwähnung. Allerdings wird festgehalten, dass „(b)estehende Partnerschaften Hessens (…) über die Förderung von Wirtschaftsbeziehungen hinaus im Sinne nachhaltiger Entwicklung konsequent auch Kooperationen auf möglichst vielen Politikfeldern beinhalten (müssen), wie es die entwicklungspolitischen Leitlinien der Landesregierung vorsehen.“ (:45)
Im Abschnitt „Ökologie und Ökonomie im vereinten Europa“ (:46) bekennt sich die Landesregierung zu fairem und freiem Handel, wobei innerhalb des bestehenden Wirtschaftssystems beide häufig im direkten Spannungsverhältnis zueinander stehen. Es wird unterstrichen, dass Handelsabkommen nicht dazu führen dürfen, dass Schutzstandards und Arbeitnehmer*innenrechte geschwächt werden. Die Zustimmung zum Handelsabkommen EU-Kanada (CETA) soll von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abhängig gemacht werden. EPN Hessen hatte gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen in einem offenen Brief die Koalitionäre dazu aufgefordert, die Ablehnung von CETA im Koalitionsvertrag zu verankern. Wir hoffen weiterhin, dass Hessen seine Zustimmung im Bundesrat verweigern wird.
In der Bildungspolitik (:80ff.) soll bedarfsorientierte Flexibilität möglich sein, das Ganztagsangebot ausgebaut und mehr Qualität durch vielfältige Bildungsangebote gesichert werden, Deutschunterricht verstärkt angeboten und Mehrsprachigkeit als Gewinn gesehen werden. Was die Orientierungs- und Handlungskompetenz in der immer komplexer werdenden und sich rasant wandelnden Welt angeht, bleibt der Koalitionsvertrag leider hinten dem eigenen Anspruch zurück. Die in der Tat in allen Fächern und Schulformen zu vermittelnde Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), in der dem Globalen Lernen und dem interkulturellen Lernen eine zentralere Bedeutung zukommen muss, wird reduziert auf die „fächerübergreifende Berücksichtigung von Unterrichtsinhalten wie Umweltbildung, Ernährung und ökonomische Alltagskompetenzen“ (:81). Wir hoffen deshalb, dass die angekündigte Unterstützung von Netzwerken und Projekten im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung sich nicht auf bestehende Konzepte und Projekte beschränkt, sondern diese im Sinne des von Kultusministerkonferenz und Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit verabschiedeten „Orientierungsrahmen Bildung für globale Entwicklung“ und unter Einbeziehung weiterer Akteur*innen weiter entwickelt. In diesem Sinne begrüßen wir auch die starke Berücksichtigung der beruflichen Bildung, deren Bedeutung u.E. sowohl als Ort der fachlichen wie auch der politischen Bildung eine prominentere Stellung einnehmen sollte. Wir begrüßen, dass auf den Seiten 111ff. dezidiert Bezug auf die Agenda 2030 genommen, das innovative Potential von Gemeinwohlökonomien, Genossenschaften und Sharing -Konzepten betont und der eigenen Anspruch „ Global denken, lokal und national handeln“ formuliert wird. Ausbuchstabiert findet sich dieser allerdings noch sehr zugespitzt auf Maßnahmen für den Umwelt- und Klimaschutz. Erfreulicher wäre es gewesen, wenn bereits im Vertrag ein breiteres Verständnis von Nachhaltigkeit sowie ihrer Übersetzung in global-lokale bewusstes Denken und Handeln auch in Bereichen der Sozial- und Wirtschaftspolitik seinen Niederschlag gefunden hätte. Die Einsicht, dass eine „nachhaltige Flüchtlingspolitik (…) einen globalen Ansatz (erfordert)“, teilen wir ebenso wie die Einsicht in die Notwendigkeit, strukturelle Fluchtursachen wie politische Instabilität oder Klimawandel zu beseitigen. Positiv auch, dass reflektiert wird, dass „Fluchtbewegungen (…) auch mit dem energie- und ressourcenintensiven Lebensstil in den Industrieländern zusammen(hängen), der den Klimawandel in den Herkunftsländern befördert.“ Diese globalen Herausforderungen werden ohne grundlegende Transformationsprozesse hier vor Ort nicht bearbeitbar sein. Ein wichtiges Instrument zur Veränderung von Produktions- und Konsummustern im Sinne sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit bieten staatliche Anreize und Sanktionen. Unter dem Titel Öffentliche Aufträge fair und wirtschaftlich vergeben (:144) wird betont, „es solle den Auftraggeber*innen weiterhin möglich (sein), ökologische und soziale Kriterien, soweit sie im Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen, bei der Vergabeentscheidung zu berücksichtigen“. Unserer Ansicht nach, muss es hier weiterhin um eine Soll-Regelung gegenüber einer Kann-Regelung sowie diese ergänzende Prüfmechanismen gehen, damit die Berücksichtigung der sozial-ökologischen Kriterien in der Vergabepraxis wirklich als starker Anreiz zur Veränderung von Arbeits- und Produktionsbedingungen entlang der Lieferketten fungieren kann.
Über die angekündigte Ausweitung der finanziellen Förderung der Entwicklungszusammenarbeit (:146) freuen wir uns natürlich und stehen als Landesnetzwerk mit der Expertise unserer über 100 Mitgliedsgruppen und deren weltweiten Partnerorganisationen gerne zur Verfügung um die wirtschaftliche und entwicklungspolitische Zusammenarbeit in Hessen entlang der entwicklungspolitischen Leitlinien strategisch weiterzuentwickeln. Überdies sehen wir der Umsetzung der unter Divestment und nachhaltige Geldanlagen angekündigten Schritte sowie der Förderung und wissenschaftlichen Begleitung des Gender Budgeting gespannt entgegen.
Im Koalitionsvertrag ist mehrmals sowohl von gesellschaftlichem Zusammenhalt als auch von Sicherheit die Rede. Sicherheit soll durch mehr Personal bei Polizei und Justiz sowie ordnungspolitischen Maßnahmen erzielt werden und außerdem subjektives Unsicherheitsempfinden bearbeiten. Mit Blick auf globale Verhältnisse lasst sich feststellen, dass es vielerorts einen direkten Zusammenhang zwischen wachsenden sozialen und ökonomischen Ungleichheiten, einem abnehmenden gesellschaftlichen Zusammenhalt und dem Anwachsen von staatlichen Polizeikräften aber auch von privaten Sicherheitsdiensten gibt. Aus entwicklungspolitischer Perspektive wäre es deshalb auch in Hessen wichtig, den Zusammenhang von Sicherheit und gesellschaftlichem Zusammenhalt durch ein erweitertes Verständnis von Sicherheit, wie es die Vereinten Nationen in ihrem Konzept der Menschlichen Sicherheit vorgelegt haben, zu bestimmen. „Human Security“ im Sinne des Entwicklungsfonds der Vereinten Nationen denkt Dimensionen wie Menschenrechte, menschliche Entwicklung, Friedenssicherung und Konfliktprävention zusammen. Diesem Verständnis zu folgen, würde bedeuten, dass die Überwindung von Ungleichheit/en, die Ermöglichung breiter politischer Partizipation und der Mitgestaltung von Gemeinwesen und öffentlichen Räumen als drängende sicherheits- und ordnungspolitischen Aufgaben zu begreifen sind – global wie auch lokal in Hessen.
„Weltoffenes“ Frankfurt? Worthülsen statt Bekenntnis zur sicheren Hafenstadt
Über 7000 Menschen sind im September auf die Straße gegangen, um unter anderem die politischen Verantwortlichen der Stadt Frankfurt dazu zu bewegen, sich zur sicheren Hafenstadt zu bekennen und sich damit bereit zu erklären, aus Seenot gerettete Geflüchtete aufzunehmen. Um diesem dringenden Anliegen weiteren Nachdruck zu verleihen, hat das Frankfurter Seebrücke-Bündnis am 8. November einen offenen Brief an den Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler übergeben. Der Brief, der sich an Oberbürgermeister Peter Feldmann, den Magistrat sowie die Stadtverordneten richtet und von über 1600 FrankfurterInnen unterzeichnet worden ist, enthält ebenfalls die Forderung, Frankfurt möge sich menschrechtlicher Verantwortung stellen und sich zum „sicheren Hafen“ erklären.
Doch ungeachtet all dessen entschied die Stadtverordnetenversammlung vergangenen Donnerstag: Geflüchtete Menschen, die aus Seenot gerettet wurden, sollen in der Stadt Frankfurt am Main keine Aufnahme finden. Damit wurde ein im Juli eingereichter Antrag der Fraktion Die Linke, der Ende August bereits im Frankfurter Haupt- und Finanzausschuss keine Mehrheit fand, endgültig abgelehnt und verworfen. Der Antrag verwies kritisch auf die „menschenverachtende Politik der europäischen Länder“, die immer mehr auf Abschottung und Abwehr von Geflüchteten setzt. Frankfurt solle nicht Teil dieser Politik sein, so der Appell, der beschämenderweise bei der Mehrheit der Stadtverordneten wirkungslos abzuprallen schien.
Andere Städte in Deutschland und Europa zeigten sich hier wesentlich weniger gleichgültig. So unterschrieben beispielsweise die OberbürgermeisterInnen der Städte Düsseldorf, Köln und Bonn einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, in dem sie sich bereit erklärten, in Not geratene Geflüchtete aufzunehmen. Potsdam, Wuppertal und Stuttgart folgten dieser Initiative, zuvor bekannten sich bereits Städte wie Palermo, Barcelona, Neapel oder Berlin konkret solidarisch.
Die Stadt Frankfurt verpasste damit eine wertvolle Chance, ihrem selbst propagiertem Ruf, eine „weltoffene“ Stadt zu sein, Glaubwürdigkeit zu verleihen. Mit dem dann alternativ zum Antrag der Linken eingebrachten Antrag zur Flüchtlingspolitik von CDU, Grünen und SPD, der dann auch durchgewunken wurde, gelingt dies jedenfalls kaum. Statt selbst verantwortungsvoll und solidarisch mit anderen Städten mit gutem Beispiel voran zu gehen, wird Verantwortung worthülsenreich an Land, Bund und die Europaebene abgeschoben. Selbst in der Frankfurter Rundschau zitierte PolitikerInnen von der Franktion Die Linke und der FDP sprechen von „platt und selbstverständlich“ bzw. von lediglich „Allgemeinplätze[n]“, die in dem Papier enthalten seien.
Initiativen wie die Seebrücke, Solidarity City Frankfurt und andere wird dies nicht davon abhalten, weiterhin für eine solidarische Stadt Frankfurt zu kämpfen, für die es auch ganz selbstverständlich dazugehört, Menschen in Not aufzunehmen und fraglos willkommen zu heißen – und das ist gut so.
Keine Ausbeutung mit Steuergeldern! Bündnis fordert faire Vergabe in Hessen
Ob Dienstkleidung, die Pflastersteine auf dem Marktplatz, IT-Produkte oder Kaffee – die Produktpalette der öffentlichen Beschaffung ist breit. Jährlich werden in Deutschland Güter und Dienstleistungen im Wert von etwa 400 Milliarden Euro von Kommunen, Ländern und Bund eingekauft. Das entspricht knapp 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die öffentliche Hand verfügt damit über eine erhebliche Marktmacht, mit der sie dazu beitragen kann, dass bei der Herstellung der eingekauften Waren Menschenrechte und Umweltaspekte beachtet werden.
Wie kann das konkret hier in Hessen gehen? Die Grundlage für die Einkäufe der Landeseinrichtungen ist das Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz (HVTG). Es legt unter anderem fest, inwieweit Vergabestellen Kriterien zur Nachhaltigkeit beachten können/müssen. Das Vergabegesetz kann auf diese Weise auch Ziele wie soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz fördern. Nach Einschätzung vom „Bündnis für eine faire Vergabe in Hessen“ wird diese Möglichkeit aktuell nicht ausreichend genutzt.
In dem 2013 gegründeten Bündnis setzt sich das Entwicklungspolitische Netzwerk Hessen (EPN) gemeinsam mit Gewerkschaften, umweltpolitischen Nichtregierungsorganisationen und dem Zentrum Oekumene der EKHN dafür ein, dass ökologische, soziale und faire Kriterien in Hessen bei öffentlichen Aufträgen konsequent berücksichtigt werden.
Bei einer Pressekonferenz am 24.09.2018 in Wiesbaden wiesen Maria Tech (EPN, Eine-Welt-Fachpromotorin für Fairen Handel und nachhaltige Beschaffung) und Michael Rudolph (Vorsitzender des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen) auf die Schwächen des Gesetzes hin und stellten die Forderungen des Bündnisses vor.
Aus entwicklungspolitischer Sicht gibt es drei Hauptforderungen:
Grundlegende Sozialstandards: Erstens sollten – wie in der Mehrzahl der Bundesländer bereits geschehen – auch in Hessen mindestens die acht Kernarbeitsnormen der International Labour Organization (ILO) aufgenommen werden, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu fördern. Konkret geht es dabei um das Recht auf Vereinigungsfreiheit und auf Kollektivverhandlungen, die Beseitigung von Zwangsarbeit sowie die Abschaffung von Kinderarbeit und Diskriminierung.
Verbindlichkeit: Zweitens sind die Bestimmungen zur Nachhaltigkeit bisher nur als Kann-Vorschrift und nicht verbindlich im Gesetz geregelt. Umweltbezogene Aspekte und soziale Kriterien müssen aber bei der Beurteilung eines Produktes oder einer Dienstleistung verbindlich herangezogen werden, um eine sozial-ökologische Beschaffung zu gewährleisten.
Schwellenwert herabsetzen: Aktuell gilt das Gesetz erst für Aufträge ab 10.000 Euro und betrifft dadurch nur einen Bruchteil der Einkäufe. Das Bündnis fordert, den Geltungsbereich des Gesetzes auf Beschaffungen mit deutlich geringerem Auftragswert (etwa 500 oder 1.000 Euro) auszuweiten. Damit wären dann auch viel mehr Einkäufe von den Regelungen zur Nachhaltigkeit betroffen.
Das „Bündnis für eine faire Vergabe in Hessen“ fordert von der kommenden Landesregierung, die Schwachpunkte im Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetz zu beseitigen, damit öffentliche Aufträge konsequent ökologische, soziale und faire Kriterien berücksichtigen. Dringend erforderlich wäre außerdem, dass die Landesregierung Beratungs- und Serviceangebote zum Thema nachhaltige Beschaffung für EinkäuferInnen bereitstellt. Und auch in der Aus- und Weiterbildung der VerwaltungsmitarbeiterInnen muss das Thema stärker verankert werden. Ein Schritt in die richtige Richtung war die Anpassung des hessischen Friedhofs- und Bestattungsgesetzes im August 2018. Hessische Kommunen können nun in ihren Friedhofssatzungen das Verbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit aufnehmen (ILO-Kernarbeitsnorm Nr. 182).
Für das Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz steht nun eine Evaluation an, auf deren Basis die kommende Landesregierung vermutlich Änderungen vornehmen wird. Hierbei sollte sie sich von übergeordneten Zielen wie menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und Umweltschutz leiten lassen und damit einen ganz praktischen Beitrag zur Umsetzung der 17 global nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals) leisten. Zur Umsetzung von Entwicklungsziel 12 (Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster) kommt der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung eine wichtige Funktion für zukunftsfähiges Wirtschaften zu.
Verbände fordern von der hessischen Landesregierung: Keine Ratifizierung von CETA im Bundesrat!
Anlässlich des Hessischen Tags der Nachhaltigkeit am 6. September 2018, haben sich EPN Hessen im Verbund mit dem hessischen Landesverband des BUND und NaturFreunde Hessen mit einem gemeinsamen Appell an alle im Landtag vertretenen Parteien gewendet. Der Appell lautet, sich statt für CETA – dem umfassenden Handels- und Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und Kanada – verstärkt für eine nachhaltige Entwicklung einzusetzen.
Die drei Verbände teilen die Einschätzung, dass CETA eine Bedrohung für Umwelt- und Verbraucherschutzstandards, bäuerliche Landwirtschaft und öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge ist. Der in CETA enthaltene Schutz von Arbeitnehmerrechten ist äußerst schwach, und die Bestimmungen zur regulatorischen Kooperation sowie die Einführung einer Investitionsschutz-Paralleljustiz vergrößern den Einfluss transnationaler Konzerne auf Politikgestaltung und unterhöhlen die Demokratie. Handelsabkommen wie CETA und die Handelspolitik der Europäischen Union als Ganzes müssten eigentlich zur Entwicklung einer nachhaltigen Weltordnung beitragen und sich insbesondere den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDG) und dem Pariser Klimaschutzabkommen unterordnen. Das zur Ratifizierung anstehende CETA-Abkommen steht jedoch eher im Gegensatz zu dieser Forderung.
Seit September 2017 wird CETA in weiten Teilen vorläufig angewandt. Vollständig in Kraft treten kann es jedoch erst nach der Ratifizierung aller EU-Mitgliedstaaten. In Deutschland müssen sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat CETA noch zustimmen. Die Verbände erwarten von der derzeit im Amt befindlichen wie auch von der nach der Landtagswahl neu gebildeten Landesregierung, gleich von welchen Parteien sie getragen wird, dass sie im Bundesrat gegen die Ratifizierung von CETA stimmt. Sie widersprechen damit der Auffassung der Bundesregierung und der EU-Kommission, die – insbesondere befördert durch die Abschottungspolitik des US-Präsidenten Donald Trump – den Eindruck zu erwecken versuchen, dass es nur noch die Alternative zwischen radikaler Freihandelspolitik und rechtspopulistischer Abschottung gebe. Die Alternative ist aber vielmehr eine gerechte, soziale und ökologische Gestaltung der Weltwirtschaft im Interesse der Menschen, nicht der Konzerne! Gemeinsam fordern EPN Hessen, BUND Hessen und NaturFreunde Hessen, dass Handelspolitik transparenter und demokratischer werden muss. Handelsabkommen müssen sicherstellen, dass Umwelt- Verbraucherschutz- und Arbeitsstandards verbessert statt abgesenkt werden. Handelsabkommen müssen eine gerechte Verteilung der natürlichen Ressourcen und die Verringerung ihres Verbrauchs aktiv unterstützen. Darüber hinaus müssen in Handelsabkommen verbindliche Menschenrechts- und Nachhaltigkeitskapitel vorhanden sein, in denen geregelt wird, dass Verstößen gegen Verpflichtungen im Bereich der Sozial-, Menschenrechts- und Umweltstandards nachzugehen und konsequent Abhilfe zu schaffen ist.
Leitlinien zur Entwicklungszusammenarbeit der Hessischen Landesregierung verabschiedet
Nachdem die neuen entwicklungspolitischen Leitlinien der Landesregierung schon vor längerer Zeit im Kabinett beschlossen worden waren, wurden sie am 15. Mai im Rahmen einer Pressekonferenz im Wiesbadener Landtag auch offiziell der Öffentlichkeit präsentiert.
EPN Hessen hat sich in der bereits seit 2012 andauernden Diskussion stark eingebracht und begrüßt die Verabschiedung der aktuellen Leitlinien der Landesregierung, in denen Entwicklungszusammenarbeit als Querschnittsaufgabe der Landesregierung begriffen wird.
Nun geht es darum, dass die vom Kabinett beschlossenen Leitlinien der Landesregierung zeitnah und mit Beteiligung der Zivilgesellschaft weiterentwickelt und in konkreten Schritten umgesetzt werden und wir hoffen, dass sie schließlich auch vom Hessischen Landtag als Leitlinien des Land verabschiedet werden.
Positiv stimmt, dass die Landesregierung mit den vorliegenden Leitlinien Absicht bekunden das bürgerschaftliche Engagement der entwicklungspolitisch aktiven Zivilgesellschaft zu stärken und ihre Rolle demgegenüber eher als eine komplementäre versteht. Sie verpflichtet sich der Partnerschaftsarbeit auf „Augenhöhe“, welche wohl nicht vorausgesetzt werden kann sondern erarbeitet werden muss. Auch eine stärkere Berücksichtigung der Expertise von migrantisch-diasporischen AkteurInnen wird angestrebt. Die Landesregierung unterstreicht ihre Orientierung an Nachhaltigkeit, der Agenda 2030 und den global nachhaltigen Entwicklungszielen (SDG), spricht sich für die Verankerung des Globalen Lernen Lernens in formaler wie informeller Bildung aus und benennt neben Krieg auch wirtschaftliche Not als Fluchtgrund. Dies, wie auch der Anspruch Globalisierungsprozesse vor Ort gerechter zu gestalten und gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, sind angesichts von Politikverdrossenheit und gesellschaftlicher Polarisierung wichtige Signale. Positiv ist auch, dass der weitere Ausbau des zivilgesellschaftlich getragenen Eine Welt-PromotorInnen-Programms an verschiedenen Orten in Hessen befürwortet wird, um Wissen und Kompetenzvermittlung zur Umsetzung der Agenda 2030 zu fördern. Aus Sicht des Landesnetzwerks würde sich auch eine finanzielle Beteiligung mehrere Ressorts am PromotorInnen-Programm wunderbar als konkreter konzeptioneller Rahmen einer stärkeren entwicklungspolitischen Zusammenarbeit – sowohl ressortübergreifend wie auch zwischen Land und Zivilgesellschaft – bieten.
Nun gilt es, die Leitlinien auch in allen Ressorts und strategischen Prozessen des Landes zur Anwendung zu bringen und die Politik aller Ressorts an ihren Ansprüchen zu prüfen. Dies gilt ebenso für die anstehende Überarbeitung des Vergabegesetztes als auch für die Anpassung der Hessischen Nachhaltigkeitsstrategie an den Zielhorizont der SDG. Verbesserungswürdig wäre hier z.B. dass es für Indikatoren für Ziel 17 Umsetzungsmittel für die Agenda 2030 und globale Partnerschaften keinen verbindlichen Zielindikator gibt, in dem sich z.B. die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements abbildet und dazu Anreize gesetzt werden.
Um Entwicklungszusammenarbeit als Querschnittsaufgabe zu verankern, ist eine stärkere ressortübergreifende Zusammenarbeit vorgesehen, wozu ein eigener Arbeitskreis EZ der Ressorts konstituiert werden soll. Dieser Arbeitskreis soll dann beraten werden durch einen ebenfalls noch zu gründenden Beirat. Diesem Fachbeirat „kommt die Aufgabe zu, die Landesregierung bei Grundsatzfragen der Entwicklungszusammenarbeit zu beraten und damit das umfangreiche Know-How der zahlreichen Stakeholder in die hessische Entwicklungszusammenarbeit und letztlich auch in die Umsetzung der vorliegenden Leitlinien einzubringen.“ Er soll außerdem als Forum und als Runder Tisch für Austausch und Vernetzung zwischen den unterschiedlichsten AkteurInnen dienen und pluralistische besetzt werden. Neben hessischen Initiativen und Organisationen im Landesnetzwerk sollen auch Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen, Wirtschaft, Hochschulen, Kirchen sowie Migranten- und Diasporaorganisationen sowie Institutionen wie GIZ und KfW beteiligt werden.
Wir hoffen sehr, dass die geplanten Gremien wie Arbeitskreis und Beirat zeitnah mit der Arbeit beginnen können und das Thema Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit, im Sinne der Agenda 2030 als globale Strukturpolitik verstanden, in den kommenden Jahren eine zentralere Bedeutung in Hessen zukommt.
EPN Hessen mischt mit:
Wir sind Teil der Initiative „Konzernmacht beschränken“
„Konzerne wie Bayer, Google und VW verfügen über viel Marktmacht. Großkonzerne haben größtenteils Niederlassungen in Steueroasen, um sich vor Steuerzahlungen zu drücken. Mega-Fusionen, vielfach finanziert durch Banken und Investmentgesellschaften, erhöhen enorm die Marktkonzentration …“. So wird im Januar 2018 veröffentlichten Plattformpapier der Initiative „Konzernmacht beschränken“ einleitend die Kernproblematik auf den Punkt gebracht.
Konzerne werden also durch Zusammenschlüsse zu immer (noch) mächtigeren Global Playern. Wer sich mit seinem politischen Handeln global nachhaltiger Entwicklung verschrieben hat, sieht sich deshalb mit zahlreichen Herausforderungen und Widersprüchen konfrontiert. Ein zentraler Widerspruch besteht darin, dass Wirtschaftsmacht massiv Einfluss auf demokratische Prozesse nehmen kann und auch nimmt, selbst aber immer schwerer kontrollierbar ist. Die sich mit Globalisierungsprozessen beschäftigende Politikwissenschaft beklagt, dass der politische Globalisierungsprozess, also das globale Regierungshandeln (Global Governance) dem ökonomischen Globalisierungsprozess meilenweit hinterher hinkt. Der direkte wie auch indirekte Einfluss von WirtschaftsakteurInnen auf nationale wie internationale Entscheidungsprozesse lässt sich überall beobachten und verstärkt sich entsprechend der Konzentration von Konzernmacht, die „too big to regulate“ werden (zu groß, um noch reguliert werden zu können). Transparenz, demokratische Verfahren und Gemeinwohl, nachhaltige Entwicklung und Menschenrechte drohen so zunehmend auf der Strecke zu bleiben. Die Folgekosten profitorientierten wirtschaftlichen Handelns für Mensch und Natur wiederum dürfen in aller Regel von „der Allgemeinheit“ getragen werden.
Zivilgesellschaftliche Nichtregierungsorganisationen können solchen Machtverhältnissen nur durch akribische Recherchen, Öffentlichkeitsarbeit, politischen Kampagnen, Rechtsmitteln und der sogenannten „Watch-Dog“ Funktion begegnen. Um gegen die Lobbyaktivitäten insbesondere von großen Konzerne ein Gegengewicht zu bilden, hat sich nun eine breite Plattform von Nichtregierungsorganisationen aus der Entwicklungs-, und Umweltpolitik, aus dem VerbraucherInnenschutz und von alternative Landwirtschaftsverbänden in der Initiative „Konzernmacht beschränken“ zusammengeschlossen.
Das Entwicklungspolitische Netzwerk Hessen e.V. trägt die Initiative mit und hat auch das Plattformpapier mitunterzeichnet. Gemeinsam fordern wir darin u.a., Öffentliche Rechte zu stärken, Beschwerdestellen einzurichten, die Rolle von Parlamenten zu stärken sowie Monopole zu beschränken.
Programm zur Förderung entwicklungspolitischer Qualifizierungsmaßnahmen PFQ wird fortgesetzt
Gute Nachrichten zu Beginn des neuen Jahres 2018 für entwicklungspolitische Organisationen, die Qualifizierungsmaßnahmen für andere entwicklungspolitische Organisationen anbieten, denn das Programm zur Förderung entwicklungspolitischer Qualifizierungsmaßnahmen, kurz PFQ, wird fortgeführt! In Deutschland arbeiten zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NRO) an der Erreichung entwicklungspolitischer Ziele und setzen Projekte im In- und Ausland um. Über das PFQ hat Engagement Global im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) von 2014 bis Ende 2017 Nichtregierungsorganisationen (NRO) in Deutschland unterstützt, die ihre in der Praxis erworbene entwicklungspolitische Fachexpertise an andere entwicklungspolitische Akteure der deutschen Zivilgesellschaft weitergeben. Hierzu zählen zum einen Qualifizierungen zu sektoralen Schwerpunkten der deutschen und internationalen Entwicklungspolitik, zum anderen methodische Qualifizierungen mit klarem entwicklungspolitischen Bezug.
Über die Pressestelle von Engagement Global wurde nun Anfang Januar verkündet, dass PFQ zunächst bis Ende 2020 fortgeführt wird.
Projektanträge können weiterhin für ein oder zwei Haushaltsjahre und laufend gestellt werden. Geprüft werden die Anträge im sog. „Windhundverfahren“, d.h. in der Reihenfolge ihres Eingangs. Anträge müssen mindestens sechs Wochen vor Projektbeginn eingereicht werden. Zu den förderfähigen Formaten gehören zum einen klassische Schulungs- und Fortbildungsangebote in Form von ein- oder mehrtägigen Seminaren sowie Seminarreihen mit einer Dauer von insgesamt maximal 10 Tagen. Zum anderen kann die Bereitstellung von E-Learning-Plattformen gefördert werden. Förderfähig ist des Weiteren eine Kombination aus E-Learning und Präsenzseminaren.
In der Zielsetzung des Programms heißt es, die Vermittlung von fachlichen oder methodischen Kompetenzen solle dazu beitragen, die Handlungsmöglichkeiten der qualifizierten Akteure zu erweitern und die Qualität ihrer entwicklungspolitischen Projekte im In- und Ausland zu verbessern. Die Erweiterung fachlicher und methodischer Kompetenzen erleichtere es den NRO zudem, an den maßgeblichen internationalen fachlichen Diskussionen teilzunehmen.
Sämtliche Informationen und Formularvorlagen zum PFQ – von der Antragsstellung bis zum Verwendungsnachweis – finden sich auf der Webseite von Engagement Global.
Work in progress: Weiterarbeit am Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung
Klimawandel, Ressourcenknappheit, soziale Ungleichheit, Rassismus: Die globalen Herausforderungen im 21. Jahrhundert sind immens! Sie machen gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen sowie Umdenken und Handeln im Alltag notwendig. Bildung leistet dabei einen wichtigen Beitrag zu Sensibilisierung, Perspektivwechsel und Veränderungsorientierung. Diese Einschätzung bildet den Ausgangspunkt für den „Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Der Orientierungsrahmen (OR) wurde erstmals im Jahr 2007, von der Konferenz der Kultusminister*innen der Länder (KMK) und dem Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) herausgegeben. Er dient als Bezugsrahmen für die Entwicklung von Lehr- und Bildungsplänen und für schulische Curricula, für die Gestaltung von Unterricht und außerschulischen Aktivitäten. Seit der Veröffentlichung der Neuauflage 2015 wird die Weiterentwicklung des Orientierungsrahmens stetig vorangetrieben. So sollen weitere Fächer hinzukommen oder überarbeitet werden, Teilausgaben der Fachkapitel sowie zugehörige Lern- und Lehrmaterialien erstellt werden.
Sehr zu begrüßen ist, dass als verbindliches Qualitätskriterium für die Unterrichtsmedien und Lehr-/Lernmaterialien festgelegt wurde, „[…] Stereotype, rassistische Diskriminierung, eurozentrische Sichtweisen und ungerechtfertigte kulturelle Zuschreibungen [zu vermeiden]“. Auch das Selbstverständnis von Engagement Global (EG) – das den Arbeitsprozess zum OR koordiniert – verweist darauf, dass „[….] die Auseinandersetzung mit Rassismus und das aktive Entgegenwirken gegen diesen [für EG] eine zentrale Aufgabe und Verantwortung dar[stellt] […]“. „Als lernende Organisation suchen wir hierzu den Dialog mit unseren Partnerinnen und Partnern, Zielgruppen und Interessierten und laden dazu ein, sich mit uns offen und konstruktiv in den Austausch zu begeben.” (aus dem Positionspapier des Fachkreis Anti-Rassismus von EG; Stand Juni 2014)
Von zivilgesellschaftlicher Seite wird der Prozess der Weiterarbeit mit und am Orientierungsrahmen konstruktiv-kritisch begleitet.
Etwa durch beharrliche Fragen danach, wie Kolonialismus, koloniale Kontinuitäten und Rassismus als Querschnittsthemen in die neu entstehenden Publikationen und Materialien des Orientierungsrahmens eingebracht werden können. Sie sehen die gleichberechtigte Beteiligung der Zivilgesellschaft und insbesondere migrantisch-diasporischer Organisationen und Akteur*innen als zentrale Voraussetzung dafür, dass Perspektiven- und Erfahrungsvielfalt in die Weiterentwicklung des OR einfließen.
Bereits jetzt lässt sich positiv vermerken, dass EG Informationen über die Aktualisierung von Fachkapiteln und die Erstellung von Lern- und Lehrmaterialien jeweils mit der Einladung zur Mitarbeit an VENRO weitergeleitet hat. Die Pläne von Seiten EGs, in Kürze einen Bereich zur Weiterentwicklung des Orientierungsrahmens auf der eigenen Homepage einzurichten, kommen der wiederholt aus zivilgesellschaftlichen Kreisen formulierten Forderung nach Transparenz entgegen. Dort könnte der Arbeitsprozess rund um den Orientierungsrahmen öffentlich gemacht werden und neben den Rahmenbedingungen der Partizipation auch die Zusammensetzungen der Arbeits- und Autor*innengruppen gelistet sowie Kommentierungsoptionen für die in Aktualisierung befindlichen Kapitel des OR bereitgestellt werden. So ließe sich auch nachvollziehen, wie EG bei der Zusammensetzung der Arbeitsgruppen auf „paritätische Besetzung“ und angemessene Vertretung von zivilgesellschaftlichen und migrantisch-diasporischen Expert*innen achtet und ob diese proaktiv befördert wird.
Gleichberechtigte Beteiligung erfordert aber auch ähnliche Ressourcen aller am Diskussionsprozess Beteiligten. Diesbezüglich wäre es weiterhin nötig, von staatlicher Seite aus Barrieren und Hindernisse für selbige abzubauen, z.B. durch die finanzielle Entlohnung von Mitarbeit, Beratung und Erstellung von Konzepten und Materialien. Als positives Signal von Seiten EGs ist die Erstattung von Reise- und Übernachtungskosten sowie Aufwandsentschädigungen für Freiberufler*innen oder Ehrenamtliche, die in Arbeitsgruppen zum Orientierungsrahmen mitarbeiten, zu bewerten. Wünschenswert wäre des Weiteren eine transparente und langfristige Ausschreibung und Weitergabe von Informationen zu geplanten Arbeitsprozessen, um deren Verbreitung in und Beteiligung durch zivilgesellschaftliche Netzwerke zu ermöglichen. Außerdem sollte eine paritätische Besetzung aller Arbeits- und Projektgruppen zum Orientierungsrahmen mit zivilgesellschaftlichen und staatlichen Akteur*innen sichergestellt werden, um reale Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten zu erzielen.
Die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur „postkolonialen und rassismuskritischen Begleitung des Orientierungsrahmens“ könnte für den weiteren Arbeits- und Erweiterungsprozess ein geeignetes Instrument sein, um einen multiperspektivischen Blick und unterschiedliche Erfahrungshintergründe in die Diskussionen einzubringen. Eine konstruktive Debatte und die Schaffung von Dialogräumen zu diesen Themen ist nicht zuletzt für alle Bereiche und Aktiven des Globalen Lernens Voraussetzung für transformative und machtkritische Bildungsarbeit.
Der neue Orientierungsrahmen kann kostenlos beim Cornelsen Verlag bestellt werden und steht als Online-Version zur Verfügung.