Die Digitalisierung bezeichnet den Prozess der Umwandlung analoger Informationen und Abläufe in digitale Formate und Technologien. Sie hat sich in den letzten Jahren rasant und in zahlreichen Bereichen vollzogen, oft ohne dass Zeit zur Reflexion blieb. Im Globalen Norden wurden nahezu alle Lebensbereiche digitalisiert, häufig ohne zu überprüfen, ob die Prozesse fair, nachhaltig und sinnvoll sind. Der Digitalisierungsprozess ist mittlerweile weitaus größer und weiter vorangeschritten, als auf den ersten Blick vermutet werden könnte. Nicht nur ein Blick auf die weltweit größten und wertvollsten Konzerne verdeutlicht die erreichten Dimensionen, sondern auch die Reflexion des eigenen Alltagslebens macht dies mehr als deutlich. Die allgegenwärtige Nutzung von Smartphones, Online-Diensten und digitalen Plattformen zeigt, wie tief die Digitalisierung in unser tägliches Leben eingedrungen ist.
Der digitale Alltag
So ist das Smartphone mittlerweile ein stetiger Begleiter durch den Tag und öffnet die digitale Welt potenziell immer und überall. Es ist selbstverständlich geworden, dass wir digital kommunizieren – sei es über Mitteilungs-Apps, E-Mails oder soziale Medien. Unsere Medien konsumieren wir digital über Mediatheken, Podcasts, Musik- und Filmstreaming-Dienste sowie E-Books. Wir bezahlen digital mit dem Smartphone, PayPal oder Kreditkarten und kaufen zunehmend online ein. Viele von uns arbeiten größtenteils digital und beziehen ihr Wissen aus digitalen Informationsquellen. Von morgens bis abends sind wir umgeben von Nullen und Einsen.
Doch was wissen wir wirklich über Spotify, Microsoft Excel, PayPal, Google, Netflix, TikTok, WhatsApp und Amazon? Sollten wir tatsächlich alles bedenkenlos nutzen? Gibt es möglicherweise bessere Alternativen zu den Big Tech-Unternehmen? Und was passiert eigentlich mit all den Daten, die durch unsere Nutzung generiert werden? Haben alle Menschen weltweit den gleichen Zugang zu Daten und digitalen Angeboten? Wenn nicht, was bedeutet das konkret für das Leben der einzelnen Menschen? Wie können digitale Angebote fair und nachhaltig gestaltet werden, sodass niemand darunter leidet und möglichst viele Menschen weltweit davon profitieren? Es ist wichtig, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, um ein besseres Verständnis für die Auswirkungen der Digitalisierung zu entwickeln.
Digitale Ungleichheit und die Rolle der Big Tech-Unternehmen
Oft sind die Daten, die wir preisgeben, wertvolle Ressourcen für Unternehmen, die daraus Profite schlagen, während der Schutz unserer Privatsphäre auf der Strecke bleibt. Gleichzeitig gibt es erhebliche Unterschiede im Zugang zu digitalen Technologien und Diensten, was zu einer Vertiefung der globalen Ungleichheiten führt.
Dennoch machen wir uns so selten Gedanken darüber, was wir tagtäglich konsumieren, wie diese digitalen Produkte funktionieren und hergestellt werden, welche Alternativen es gäbe und welche Art von Welt durch unser Digitalverhalten geschaffen wird. Dabei ist es entscheidend zu verstehen, dass die Digitalisierung nicht nur zahlreiche Chancen und Vorteile mit sich bringt, sondern auch viele Risiken, Herausforderungen und Nachteile birgt. Es wird auch deutlich, dass diese Vor- und Nachteile sowie Chancen und Risiken nicht überall auf der Welt gleich verteilt sind. Während einige Regionen von den Vorteilen der digitalen Transformation profitieren, bleiben andere oft zurück und müssen sich mit den negativen Folgen auseinandersetzen.
Um digitale Angebote fair und nachhaltig zu gestalten, müssen ethische Standards und Datenschutzrichtlinien eingehalten werden. Es sollten Mechanismen eingeführt werden, die sicherstellen, dass die Vorteile der Digitalisierung gerecht verteilt werden und nicht auf Kosten der Schwächsten gehen. Das bedeutet auch, dass Analysen der digitalen Entwicklung daher nicht primär auf die Geschäftsmöglichkeiten transnationaler Unternehmen ausgerichtet sein sollten, sondern vielmehr auf Armutsbekämpfung, Nachhaltigkeit sowie auf eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Entwicklung im Sinne der Sustainable Development Goals. Zusätzlich sollten handelspolitische Regeln zum E-Commerce, wie freier Datenverkehr, Lokalisierungs- oder Besteuerungsverbote vermieden werden, da sie eine eigenständige Entwicklung in den Ländern des Globalen Südens untergraben. Schließlich sollte weiterhin versucht werden Wissen kostenlos zugänglich zu machen und westliche digitale Lernplattformen sollten stärker mit denen in den Ländern des Globalen Südens vernetzt werden.
Chancen der internationalen Zusammenarbeit
All dies erfordert internationale Zusammenarbeit, transparente Geschäftsmodelle und eine Stärkung digitaler Kompetenzen, damit alle Menschen die Chancen und Vorteile der digitalen Welt nutzen können.
Doch eins nach dem anderen. Bevor wir uns Datenschutzrichtlinien, handelspolitischen Regeln zum E-Commerce und der Reflexion des eigenen digitalen Alltags zuwenden, wollen wir uns zunächst den Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für den Globalen Süden anschauen.