Erdbeben Türkei und Syrien: die Betroffenen nicht vergessen

Sechs Monate nach dem Erdbeben / von der Nothilfe zum Wiederaufbau / weiterhin dringend Spenden benötigt

Marburg / 02.08.2023: Vor sechs Monaten erschütterten mehrere schwere Erdbeben das türkisch-syrische Grenzgebiet. Die Bilanz der Beben war furchtbar: Über 50.000 Menschen starben, Hunderttausende wurden verletzt und Millionen Menschen wurden obdachlos. Das Erdbeben war eine der schlimmsten Naturkatastrophen der letzten hundert Jahre.

„Es war schrecklich, die Situation vor Ort mit eigenen Augen zu sehen. Ganze Stadtviertel waren einfach eingestürzt. Als ich die vielen Luftballons sah, die an den Einsturzstellen hingen, kamen mir die Tränen. Denn jeder Luftballon stand für ein getötetes Kind“, erinnert sich Chris Schmetz, Pressesprecher der hessischen Hilfsorganisation TERRA TECH. Gemeinsam mit Projektleiter Daniel Mayer reiste er im Februar in die Erdbebenregion. 

Unmittelbar nach dem Beben begann für TERRA TECH der Nothilfe-Einsatz. „In den ersten Tagen hat ein Team unseres Partners DEMIRA bei Räum- und Bergungsarbeiten geholfen. Danach haben wir uns vor allem auf die Verteilung von Lebensmittel, Winterbekleidung, Decken und Schlafsäcken konzentriert,“ erklärt Schmetz.  

Die Verteilung von Hilfsgütern ist auch sechs Monate nach der Katastrophe noch wichtiger Bestandteil des Engagements. „In der Region Gaziantep verteilen wir Hilfsgüter an Familien. Zudem haben wir 20.000 Liter sauberes Trinkwasser für 1.000 Personen bereitgestellt“, ergänzt Mayer. „Diese Hilfe werden wir fortsetzen.“

Befragt nach der aktuellen Situation zeichnet Mayer ein trauriges Bild. „Vor allem aus den Bergdörfern berichten unsere Partner von wenig Veränderung. Dort sieht es fast immer noch wie vor sechs Monaten aus. Vielerorts wurden die Trümmer bisher nicht geräumt. Es fehlt an vielem, an Wiederaufbau ist noch gar nicht zu denken.“ Viele Familien leben weiterhin in Zeltlagern. Jetzt im Sommer sind die klimatischen Bedingungen erträglich. Dennoch macht sich Sorge breit. Denn der nächste Winter mit Temperaturen im zweistelligen Minusbereich kommt.

Vor diesem Hintergrund ist Mayer froh, das TERRA TECH das Engagement vor Ort ausbauen kann. „Im August reisen wir wieder ins Erdbebengebiet. Dort werden wir zusätzliche Hilfsmaßnahmen anstoßen.“ Ein neuer Schwerpunkt ist die psychologische Betreuung von Kindern. „In Gaziantep hat unser Partner, der Kulturverein Nar Sanath, ein Spielzelt für Kinder eingerichtet. Außerdem werden Konzerte und Lesungen veranstaltet“, berichtet Mayer. Hier können die Teilnehmenden ein gewisses Maß an Normalität spüren und die traumatischen Ereignisse zumindest für einen Augenblick vergessen. Langfristig wird das kulturelle Engagement ausgeweitet. Hierzu sollen auch neue Kulturräume entstehen.

„Wir sind dankbar für die Hilfsbereitschaft und die Spenden, die wir erhalten haben. Zahlreiche Schulklassen, Vereine, Firmen und Privatpersonen haben unsere Nothilfe mit ihren Beiträgen erst möglich gemacht“, sagt Schmetz. Leider ist die Notlage im türkisch-syrischen Grenzgebiet mittlerweile weitestgehend aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. „Wir dürfen die Menschen nicht vergessen“, fordert Schmetz. „Denn Not und Leid sind noch lange nicht vorbei. Der nächste Winter kommt in wenigen Monaten und der Wiederaufbau dauert noch Jahre. Für die langfristige Hilfe braucht TERRA TECH weiterhin dringend Spenden.“

Zerstörtes Gebäude in Karamanmaras © TERRA TECH Schmetz