Der Saal im Haus am Dom war am Freitag voll, als Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, die Frankfurter Stadträtin Rosemarie Heilig und Kai Eicker-Wolf für den DGB Hessen Thüringen die wichtige Arbeit der entwicklungspolitisch aktiven Zivilgesellschaft im Inland wie im Ausland würdigten.
Der Eröffnungsvortrag von Prof. Dr. Eberlei (FH Düsseldorf) spitzte die Herausforderungen an die Zivilgesellschaft, welche in den letzten 25 Jahren für die Konzeption und Umsetzung der Entwicklungspolitik immer bedeutsamer geworden ist, auf fünf Punkte zu:
Selbstkritik üben, Orientierung geben, fundierte Analysen bieten, Prioritäten setzen und Politikfähigkeit beweisen.
Diese und weitere Herausforderungen wurden sowohl in der Diskussion auf dem Eröffnungspodium und auf dem Abschluss-Panel als auch in den Workshops immer wieder aufgenommen. Die Workshops zu Nord-Süd-Projekten, Schulpartnerschaften oder Freiwilligendiensten thematisierten strukturelle Machtunterschiede zwischen ProjektpartnerInnen und diskutierten Ansätze zu deren konstruktiver Bearbeitung.
Auch in den Workshops zu postkolonialen Anfragen und zur Zusammenarbeit von migrantischen und nicht-migrantischen AkteurInnen in der entwicklungspolitischen Bildungs- und Projektarbeit wurden Fragen nach den Bedingungen des Globalen Lernens „auf Augenhöhe“ und (post-)kolonialen Kontinuitäten diskutiert.
Die von Eberlei eingeklagte Orientierung an Menschenrechten gegenüber einem karitativ geprägten Verständnis von Hilfe spiegelte sich auch in den Workshops zu nachhaltiger Wirtschaft und Entwicklung deutlich wider. Bezogen auf den Fairen Handel wurde nach dessen Bedeutung zur Durchsetzung allgemeinverbindlicher Mindestlöhne gefragt, und im Workshop zu Wirtschaft und Menschenrechten über die notwendige Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Interventionen (Gewerkschaftskämpfe/ Boykott/ Gesetzesänderungen und Sanktionen) diskutiert. Im letzten Workshop zu Systemwandel wurden Ansätze der solidarischen Ökonomie aus dem globalen Süden auf ihre Übertragbarkeit in und Anregungen für die Entwicklung des globalen Nordens überprüft.
Die Erfahrungen mit den Widersprüchlichen in der Praxis der Projekte- und Kampagnen helfen sicherlich bei der „Erdung“ der von Eberlei eingeforderten Analysen, auch wenn wichtige Themen wie z.B. Friedenspolitik, Handel- und Finanzwirtschaft noch stärkere Berücksichtigung verdienen würden. Um Prioritäten und Politikfähigkeit – etwa durch Vernetzung, Bündnisfähigkeit oder Fach- und Methodenkompetenz – ging es insbesondere bei dem Podium am Freitag und dem Abschlusspanel. Das Podium diskutierte Vor- und Nachteile der auslaufenden und auf den globalen Süden konzentrierten Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) gegenüber den – dem Anspruch nach – global verbindlichen Nachhaltigkeitszielen, reflektierte den Auftrag und die Chancen der kommunalen Zusammenarbeit sowie den engen Zusammenhang von Armut, Hunger und Krieg. Zum Ausklang des Kongresses wurde mit Mitgliedern und BündnispartnerInnen der „Blick zurück nach vorne“ gewagt – sowohl im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Netzwerkes als auch im Hinblick auf die Verankerung globaler Perspektiven in Wirtschaft, Politik, Forschung und Lehre.
Alles in allem eine rundherum gelungene Veranstaltung bei der zwischen extrem leckerem fairen Frühstücksbüffet aus dem Weltladen Bornheim und organisiert vom fair-ein e.V., köstlichem Speis und Trank durch die Tage hindurch in angenehmer Atmosphäre gute Diskussionen und zahlreiche Gespräche geführt und die Fäden im Netz und über dieses hinaus fester geknüpft werden konnten.
All dies wäre ohne die große Unterstützung der KooperationspartnerInnen wie der Akademie Rabanus Maurus im Haus am Dom und der Integrierten Gesamtschule Nordend sowie die finanzielle Unterstützung durch Förderer und große Mitglieder in dem Maße nicht möglich gewesen. Die IGS Nordend stellte ihre Räumlichkeiten solidarisch zur Verfügung und sorgte gegen Ende des Tages mit der Schulband „Dragonfly“ für gute Stimmung, ebenso wie die Band der Initiative Black&White.
Ausblick: Die Verwirklichung von sozialer Gerechtigkeit und solidarischen Partnerschaften – global wie auch im Entwicklungsland Hessen – bedarf auch weiterhin des Engagements und des langen Atems, macht viel Spaß und bietet zahlreiche gute Ideen und Anregungen. In diesem Sinne freuen wir uns schon sehr auf die weitere Zusammenarbeit in der nächsten Dekade!