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Einzelbeitrag:

Kategorie: Mitglieder-Veranstaltung Freiwilligendienste in der EZ - neokolonial oder transkulturell?

Freiwilligendienste in der EZ - neokolonial oder transkulturell?


06/05/2014

Freiwilligendienste in der Entwicklungszusammenarbeit liegen im Trend: Über 16.000 junge Menschen haben sich in den vergangenen fünf Jahren allein über den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst weltwärts aufgemacht, um sich in Afrika, Asien und Lateinamerika zu engagieren. Die Programme aus Europa, Australien und den USA stehen immer mehr in der Kritik. Auf den ersten Blick liegt das nahe, denn die weltwärts-Freiwilligen bspw. sind im Schnitt 20 Jahre alt, haben keine formalen Qualifikationen und wollen im Globalen Süden „Gutes tun“ – egal wo und ohne Kenntnisse des lokalen Kontextes. Was ist also genau entwicklungspolitisch an diesen Freiwilligendiensten?

Am Beispiel des weltwärts-Programms geht der Vortrag dieser Frage kritisch nach. Es wird empirisch gezeigt, welche positiven Effekte das Programm aus Sicht der deutschen Entwicklungspolitik vorweisen kann. Anhand der Sozialtheorie der Reziprozität und eines postkolonialen Ansatzes wird sodann analysiert, welche Ambivalenzen und neokolonialen Muster sich durch die Verortung des Programms im Entwicklungskontext ergeben. Aus dieser kritischen Analyse folgt jedoch keine pauschale Verurteilung des gesamten Phänomens „Freiwilligendienst im Globalen Süden“. Freiwilligendienste werden als eine besondere Form bürgerschaftliches Engagements und daher per Definition als non-formale Lernorte verstanden. Sind sie also vielmehr ein Medium für transkulturelle Lernprozesse? Und wenn ja, gehen diese Lernprozesse mit postkolonialen Problematiken einher? Anhand dieser Fragen wird erörtert, ob die entwicklungspolitischen Freiwilligenprogramme aus dem Globalen Norden sich auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Zusammenarbeit für globale nachhaltige Entwicklung befinden oder lediglich alte Trennlinien und Paradigmen der Entwicklungs-„hilfe“ und -zusammenarbeit reproduzieren.
Grundlage des Vortrages sind empirische Studien aus Afrika, Asien und Lateinamerika, die umfassende Evaluierung des weltwärts-Programms sowie Ergebnisse einer eigenen Forschungsarbeit.

Benjamin Haas, studiert derzeit „Cultural Anthropology and Development Sociology“ (M.A.) an der Universität Leiden/Niederlande. Im Jahr 2011 Abschluss des Bachelor of Arts in Regionalstudien Lateinamerika mit Schwerpunkt Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln. Autor der Studie „Ambivalenz der Gegenseitigkeit – Reziprozitätsformen des weltwärts-Freiwilligendienstes im Spiegel der Postkolonialen Theorie“ (erschienen 2012 im Kölner Wissenschaftsverlag, www.iszf.de). Seit 2012 Mit-Herausgeber der interdisziplinären Fachzeitschrift „Voluntaris – Zeitschrift für Freiwilligendienste“ (www.voluntaris-zff.de).
Er war von 2011 bis 2013 hauptberuflich in der „Koordinierungsstelle weltwärts“ in der Engagement Global gGmbH in Bonn tätig, dort zuständig für Evaluation und Qualitätssicherung. Im Jahr 2005 hat er selbst einen Freiwilligendienst in Nicaragua geleistet sowie den Zivildienstersatz 2005/06 in Argentinien. Es folgte ein mehrjähriges Engagement in der pädagogischen Begleitung von Freiwilligen in Deutschland und Lateinamerika.

 

>> Veranstaltungsankündigung auf der Seite des Marburge Weltladen

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